Im Alltag bewegen wir uns meist auf uns bereits vertrauten Wegen, die wir nur selten verlassen. Wenn wir es doch einmal tun, sind wir überrascht darüber, was uns verborgen geblieben ist. Es gibt aber auch Orte, die ganz offen daliegen, ohne dass wir sie jemals richtig wahrnehmen. Das Gelände des SV Neptun Krefeld zum Beispiel. Am Mühlenfeld direkt gegenüber des Fischelner Stadtparks gelegen, ist wahrscheinlich jeder Krefelder schon einmal daran vorbeigefahren. Doch das idyllische Badeparadies, das sich hinter der unscheinbaren Außenmauer verbirgt, dürfte vielen völlig unbekannt sein.

Geschäftsführer Thomas Nohr, 1. Vorsitzender Gustl Meinecke und 2. Vorsitzender Torsten Borchardt, alle im weißen Polohemd mit Vereinsemblem, sind entspannt und gut gelaunt. Mit 37, 48 und 49 Jahren Vereinszugehörigkeit gehören die drei zum alten Eisen des Schwimm- und Wasserballvereins. Und wenn man an diesem herrlichen Sommertag vom lauschigen Gastrobereich mit Karibik-Flair auf ihr kleines Refugium blickt, hat man eine Ahnung, warum sie ihrem Verein schon so lang die Treue halten. Gegründet im Jahr 1897, zählt der SV Neptun mit seinen rund 980 Mitgliedern immer noch zu den zwölf mitgliederstärksten Sportvereinen Krefelds, auch wenn die sportlichen Glanzzeiten schon eine Weile zurückliegen. Im innerstädtischen Vergleich haben der SV Bayer 08 Uerdingen oder der SVK mittlerweile die Nase vorn: Eine Tatsache, die die Wassersportler aus Fischeln zwar ein bisschen wurmt, die sich aber mit dem Blick über die zauberhafte Anlage dann doch ganz gut verkraften lässt. „Der See war einst ein Baggerloch der benachbarten Kalksandsteinwerke und wurde 1920 vom Verein erworben – eine clevere Investition mit Weitblick“, wie Meinecke berichtet.

Das Sommerbad – geöffnet von Mitte Mai bis Mitte September – steht natürlich allen Vereinsmitgliedern zur freien Nutzung offen. Bei Volljährigkeit sogar außerhalb der regulären Öffnungszeiten, denn jedes erwachsene Mitglied hat die Möglichkeit, einen eigenen Schlüssel zum Freibad zu bekommen. „Wer Lust und etwas Glück hat, hat abends den ganzen See für sich“, schwärmt Borchardt. Aber auch für die zahlende Kundschaft ist das Bad überaus attraktiv: Erwachsene erhalten für 4 Euro Eintritt für den ganzen Tag, erfreuen sich nicht nur am klaren Seewasser – dem das Hygieneamt regelmäßig Trinkwasserqualität bescheinigt –, sondern auch an der Gastronomie mit Burgergrill und Salatbar, mehreren Liegewiesen sowie einem Beachsoccer- und Beachvolleyballfeld. An heißen Sommertagen nehmen gut und gern zwei- bis dreitausend Menschen das Angebot in Anspruch. Aktuell sind es etwas weniger, weil es aufgrund des aktuell hohen Grundwasserspiegels keinen offenen Nichtschwimmerbereich gibt. „Zum Ausgleich haben Kinder bis 6 Jahren freien Eintritt“, räumt Meinecke ein, und für die Kleinsten steht ein Planschbecken bereit.

Doch so sehr das Bad auch Aushängeschild des Vereins ist, so aufwändig ist sein Betrieb. Zu den regelmäßigen Instandhaltungs- oder Sanierungsarbeiten kommt der hohe Personalbedarf: „Es ist gar nicht so einfach, die nötigen Rettungsschwimmer zu finden“, gesteht Nohr. „Nicht immer haben unsere Mitglieder Zeit dazu. Daher arbeiten wir mit der DLRG zusammen.“ Es sind Schwierigkeiten, mit denen zahlreiche Vereine zu kämpfen haben, die auf ehrenamtliches Engagement angewiesen sind. Ähnlich sieht es mit dem Nachwuchs aus, denn damit die lange Geschichte des SV Neptun weitergeschrieben werden kann, braucht es neue Wassersportbegeisterte. „Gerade im Wasserball ist es enorm schwierig, junge Leute zu motivieren. Der Sport findet ja nahezu unter Ausschluss der medialen Beobachtung statt. Viele wissen wahrscheinlich gar nicht, dass es ihn überhaupt gibt“, erklärt Meinecke. Dabei ist er überaus attraktiv: „Das ist ein tolles Spiel, körperlich anspruchsvoll und fordernd. Wer das spielt, ist fit!“, macht Nohr Lust, es einmal zu versuchen. Wer hingegen lieber ohne Ball seine Bahnen zieht, findet in einer der Schwimmmannschaften eine Heimat. Aktuell springen rund 50 aktive Schwimmer aller Altersklassen für den SV Neptun ins Wasser: ein Verdienst des Technischen Leiters Frank Offermanns, der die Abteilung in den vergangenen 20 Jahren neu aufgebaut hat. Ein besonderes Highlight war sicher der gelungene Weltrekordversuch im vergangenen Jahr: Mit 260 Schwimmern wurde die längste 50-Meter-Schmetterlingsstaffel der Welt gemeistert.

„Im Verein herrschen ein tolles Zusammengehörigkeitsgefühl und eine sehr familiäre, freundschaftliche Atmosphäre“, wirbt Borchardt für eine Mitgliedschaft. Ein Resultat dieses Zusammenhalts sind auch die vielen Veranstaltungen, die der Verein organisiert. Zum Beispiel das berühmte Sommerfest, das regelmäßig 500 bis 600 Gäste anzieht. Am 24. August ist es auch in diesem Jahr wieder soweit: Mit Livemusik, Barbecue, kühlen Drinks, guter Laune und Badespaß lässt sich kaum ein besserer Ort in Krefeld vorstellen, als das Sommerbad des SV Neptun in Fischeln. Und weil zwei Partys besser sind als eine, gibt es am 21. September den Saisonabschluss mit Livemusik der Bands „12inch“ und „Sick's Pack“. Noch etwas hin, aber ein echter Geheimtipp ist außerdem der Weihnachtsmarkt vom 29.11. bis zum 8.12.: mit allergrößter Wahrscheinlichkeit der einzige, der in dieser Stadt am Ufer eines Sees stattfindet.

Manchmal lohnt es sich wirklich, in der vermeintlich vertrauten Umgebung die Augen aufzuhalten. Wer die Anlage des SV Neptun einmal entdeckt hat, wird sich fragen, wie ihm dieser Ort so lang verborgen bleiben konnte. Und mit einem neuen Lieblingsplatz in Krefeld belohnt werden.

SV Neptun 1897 e. V. Krefeld
svneptun.de
Sommerbad des SV Neptun
Mühlenfeld 121
47807 Krefeld
Öffnungszeiten: Hauptsaison täglich 12 bis 19 Uhr
Preise: Erwachsene 4 Euro, Ermäßigt 3,50 Euro, Kinder bis 6: frei, Familienkarte (2 Erwachsene, 2 Kinder): 10 Euro