Eine warme Mahlzeit am Tag, eine helfende Hand bei der Körperpflege oder ein freundliches Lächeln gegen Einsamkeit – mehr wünschen sich manche Senioren nicht, doch die Rente ist knapp und die Kinder weit weg. Mitten im Wirtschaftswunder gründeten sieben Krefelder einen Verein, der diese Stadt auch für Menschen lebens- und liebenswert macht, deren Schicksal von Krankheit oder Armut geprägt wird. In 65 Jahren entstand bis heute ein Dienstleister mit Herz, der sich ausgiebig Zeit nimmt für ambulante Pflege, Tagespflege und das berühmte Essen auf Rädern. Dass inzwischen auch Vorst und St. Tönis auf dem Dienstplan stehen und was gelebte Solidarität für sie bedeutet, verriet uns Vorständin Judith Meyer bei einem Cappuccino im Schütenhof.

In Krefeld kennt ihn jeder, und auch Judith Meyer durfte als Kind ihre erste Cola dort trinken: Der traditionelle Gasthof an der Uerdinger Straße in Bockum wird seit fünf Jahren für die Tagesbetreuung von Senioren neu genutzt. Und das stilvolle Ambiente hat nichts von seinem historischen Charme verloren. Beim Rundgang mit der Vorständin des Krefelder Vereins für Haus- und Krankenpflege können wir das Fachwerk, massive Holztüren und den Kachelofen bewundern, während die Gäste fröhlich klönen und der Duft von frisch gekochtem Weißkohl mit Kartoffeln aus der offenen Küche herüberweht. Mit einem Kaffee ziehen wir uns in das Eckbüro der gelernten Hotelfachfrau zurück und hören eine berührende Geschichte, die untermalt, was sich der Verein seit Bestehen auf die Fahnen geschrieben hat: Solidarität mit Menschen, die Hilfe brauchen. Nicht nur die Nachfrage nach Tagespflegeplätzen sei hoch und die Warteliste lang. „Wir arbeiten stetig an neuen Leistungen, damit unsere Kunden die bestmögliche Fürsorge bekommen“, hatte Meyer schon im Vorgespräch betont. Dass ihr Beruf auch Berufung ist, wird schnell klar.

„Vor einigen Jahren rief eine alte Dame bei uns an. Sie erkundigte sich nach unserem Angebot an Essen auf Rädern und wusste nicht, ob sie sich das leisten kann“, erinnert sich Judith Meyer mit festem Blick. In ihrer damaligen Funktion als Geschäftsführerin hatte die heutige Vorständin einen Hausbesuch gemacht, um die Witwe zu beraten. „Als die Frau mir erzählte, dass ihr nach Abzug von Miete und Nebenkosten nur 76 Euro im Monat zum Leben blieben, nahm mich das sehr mit. Ihre Küche war kaum geheizt, der Kühlschrank fast leer bis auf Toastbrot und Vanillejoghurt.“ Auf ihre pragmatische Art erfüllt Meyer den schlichten Wunsch nach einer warmen Mahlzeit: „Wir haben sofort eine Essenspatenschaft organisiert, damit die Dame jeden Tag anständig essen konnte, und zwar von weißen Porzellantellern!“ Denn alte, kranke und hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen, die nicht mehr in der Lage sind, in Gänze für sich selbst zu sorgen, stecke tief im genetischen Code des Vereins, der seit 1958 auf die Spendenbereitschaft von Bürgern und Unternehmen setzt.

Der Vorteil als eingetragener Verein? Der älteste private Pflegedienst in Krefeld arbeite nicht gewinnorientiert und könne mit mehr Zeit für Beratung und Zuwendung punkten. „Bei der ambulanten Pflege, die wir mittlerweile auch erfolgreich in St. Tönis und Vorst anbieten, gucken wir nicht auf die Stoppuhr“, hebt die gebürtige Krefelderin den Wert der individuellen Betreuung hervor. „Der Patient steht im Mittelpunkt, das ist unser Leitmotto. Wenn ein Mensch beispielsweise mehr Zeit braucht, weil er demenziell verändert ist, planen wir diese gern mit ein. Zuhören und Trost spenden sind immer inklusive.“ Neue Services wie die ambulante Demenzbetreuung inklusive Gedächtnistraining oder hauswirtschaftliche Tätigkeiten in Kombination mit der Pflege runden das Angebot ab. Es sind nicht nur leere Worte, wenn die Vorständin mit viel Gefühl von Menschen spricht, die in ihrem Leben einiges gesehen und mitgemacht haben: „Jetzt muss auch mal Zeit sein, sich zurücklehnen zu dürfen!“

Seit ihrem Antritt vor sieben Jahren hat Judith Meyer auch beim Personal Gas gegeben: Der Verein bildet unterdessen selbst Pflegefachkräfte aus, und alle bestehenden Auszubildenden können nach ihrer Ausbildung übernommen werden. Wertschätzende Arbeit sei ihr besonders wichtig, versichert die Chefin eines 76-köpfigen Teams: „Perfekte Einsatzplanung unter Einbeziehung von Kinderbetreuungszeiten ist bei uns genauso selbstverständlich wie faire Bezahlung und die private Nutzung des Dienstwagens. Meine wichtigste Aufgabe sehe ich darin, das Team zusammenzuhalten.“ Dann könne die 56-jährige Führungskraft bei einer Dankesrede auf dem Sommerfest auch mal emotional werden, gibt sie lächelnd zu. „Ich bin schließlich ein Mensch, kein Roboter.“

Als die Kölner Band Höhner im April 2020 mit befreundeten Musikern einen Song gegen den Corona-Blues aufnahm, ahnte sie nicht, dass der Refrain „Jetzt ist die Zeit für Menschlichkeit“ noch länger gebraucht würde. Damit sich auch kleine Bedürfnisse weiterhin erfüllen lassen.

 

Krefelder Verein für Haus- und Krankenpflege e.V.
Uerdinger Straße 624
47800 Krefeld
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E-Mail: mail@Krefelder-Pflegedienst
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