Können Sie eine Uhr zeichnen und eine korrekte Uhrzeit eintragen? Klar, werden Sie sagen. Für Menschen mit Demenz ist dies jedoch ein Problem. Daher ist der sogenannte Uhrentest auch ein erster wichtiger Indikator für eine Demenzerkrankung. Genauso wird es auch in der Psychiatrischen Klinik Königshof gehandhabt, wo Ninja Christin Mancinelli – als Leitende Abteilungsärztin für Neurologie immer wieder Menschen gegenübersitzt, die Klarheit über ihren Gesundheitszustand haben möchten. „Wenn Menschen zu uns kommen, weil sie das Gefühl haben, zunehmend Dinge zu vergessen, ist der Uhrentest eines unserer ersten Diagnoseinstrumente“, berichtet die Medizinerin. „Dazu haben wir ein Blatt mit einem leeren Kreis vorbereitet, in den die Patienten eine vorgegebene Uhrzeit eintragen sollen. Wenn jemand nicht in der Lage ist, die korrekte Zeigerstellung für – zum Beispiel - Zehn nach Elf oder Viertel vor Vier einzuzeichnen, empfehlen wir weitere neuropsychologische Tests, die noch mehr Klarheit bringen und gegebenenfalls ein CT oder MRT. Um eine Alzheimer-Demenz sicher zu diagnostizieren, ist eine Rückenmarkspunktion sinnvoll“, so Mancinelli.
Demenz ist eine sehr weit verbreitete Krankheit, und wird in den Medien häufig thematisiert. Allein in Deutschland geht die Statistik von etwa 1,8 Millionen Erkrankten aus. Über 90 Prozent dieser Menschen sind über 65 Jahre alt. Da wundert es nicht, wenn zunehmende Vergesslichkeit den Betroffenen Angst macht, obwohl es ganz natürlich ist, dass die Gedächtnisleistung im Alter abnimmt. „Ein 70-Jähriger vergisst in der Regel mehr als ein 20-Jähriger“, weiß Ninja Christin Mancinelli. „Das ist kein Grund zur Besorgnis. Aufmerksam sollte man werden, wenn sich das auf die Bewältigung des Alltags auswirkt: Wenn man zum Beispiel plötzlich den Weg zum Supermarkt nicht mehr findet, oder sich nicht mehr erinnern kann, wie man einen Apfelkuchen backt, obwohl man das jahrzehntelang getan hat“, beschreibt Mancinelli Symptome einer beginnenden Demenz. „Angehörige bemerken häufig auch, dass sich ein Betroffener zurückzieht und nicht mehr an Familienfeiern oder Treffen mit Freunden teilnehmen möchte. Auch das kann ein Hinweis auf eine Demenz sein, denn Erkrankten fällt es zunehmend schwerer, sich an Gesprächen zu beteiligen.“
Unabhängig davon, ob es einen selbst betrifft oder man bei einem Verwandten Symptome feststellt, ist es wichtig, so früh wie möglich zu einem Arzt zu gehen, um die Situation abklären zu lassen. Denn je früher eine Demenz diagnostiziert wird, desto besser kann man darauf reagieren. Wobei der fortschreitende Verlust geistiger Fähigkeiten vor allem ein Zeichen der Alzheimer-Demenz ist. Bei Vaskulärer Demenz, die durch mangelnde Durchblutung von Teilen des Gehirns hervorgerufen wird, können Symptome längere Zeit stabil bleiben, oder sich sogar verbessern. Fortschreitend sind die Demenz-Symptome hingegen auch bei einer durch die Parkinson-Krankheit hervorgerufenen Demenz. Zwar lassen sich Demenzerkrankungen bisher nicht heilen. Durch Medikamente kann man den Verlauf fortschreitender Demenz-Varianten aber deutlich verlangsamen. Was den Betroffenen ein Plus an Lebensqualität gibt und Zeit, Notwendiges zu regeln. „Im Anfangsstadium einer Demenz können die Patienten noch selbst ihre Finanzen überblicken, Vollmachten vergeben, eine Patientenverfügung und ein Testament verfassen, was später unmöglich sein kann“, gibt Neurologin Mancinelli zu bedenken.
Genauso wie für die Erkrankten selbst, ist Demenz auch für die Angehörigen eine große Herausforderung. Es ist sehr schwer mitanzusehen, wie sich ein geliebter Mensch zunehmend verändert – wie aus Männer und Frauen, die voll im Leben stehen, immer hilfsbedürftigere Personen werden. Wichtig ist es laut Ninja Christin Mancinelli, diese Situation zu akzeptieren, und den Betroffenen ihre Fehlleistungen nicht immer wieder vorzuhalten. „Wenn jemand die Socken in den Kühlschrank legt, oder vergisst, wie die eigene Frau heißt, ist das kein böser Wille, sondern ein Krankheitssymptom. Es bringt nichts, ihn oder sie zu verbessern. Demente sind nicht mehr lernfähig und verstehen nicht, warum man sie gerade ausschimpft“, weiß die Fachärztin. „Das macht die Betroffenen traurig und die Angehörigen regen sich unnötig auf. Versuchen Sie das Gespräch auf Bekanntes zu lenken. Denn das Langzeitgedächtnis bleibt bei Dementen am längsten erhalten.“
Neben dem Einsatz von Medikamenten kann Demenz auch durch Verhaltenstherapie, Ergo- und Logotherapie behandelt werden. Dabei geht es vor allem darum, Fähigkeiten zu erhalten. Auch Kunst und Musik können sich positiv auswirken. Demente benötigen vor allem klare Strukturen im Alltag, an denen sie sich orientieren können. Wichtig ist es ebenfalls, viel zu trinken und sich ausgewogen zu ernähren. Das hilft übrigens auch, einer möglichen Demenz vorzubeugen. „Die wichtigste Maßnahme, um Demenz vorzubeugen, ist für mich, sich genügend zu bewegen. Eine Stunde Spazierengehen am Tag kann da schon sehr helfen. Und bleiben Sie geistig beweglich, lernen Sie öfter etwas Neues, und verharren Sie nicht in immer denselben Routinen. Das hält ihr Gehirn jung“, empfiehlt Ninja Christin Mancinelli. „Und haben Sie keine Angst, wegen an Demenz erkrankter Familienmitglieder. Das deutet zwar auf eine höhere Wahrscheinlichkeit, ist aber kein zwingender Grund, ebenfalls zu erkranken. Sie können selbst etwas dafür tun, gesund zu bleiben!“
Klinik Königshof
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