Fett genießt keinen allzu guten Ruf. Fetthaltige Nahrung ist als Dick- und Krankmacher verpönt – auch wenn man längst weiß, dass es nicht ganz so einfach und Fett durchaus ein wichtiger Nahrungsbestandteil ist. Üppige Körperformen gelten heute nicht mehr als gängiges Schönheitsideal. In unserer Leistungsgesellschaft sind Schlankheit und Fitness Trumpf. Da mutet es fast schon ironisch an, dass der Einsatz von Fett ausgerechnet in der plastisch-ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie ganz neue Möglichkeiten offenbart – und Menschen zum Beispiel nach Unfällen oder Krebserkrankungen viel Hoffnung spenden kann. In der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie des Helios St. Josefshospitals Uerdingen, aber auch in anderen Abteilungen an unseren Standorten, kommt Fettgewebe in zahlreichen Eingriffen zur Anwendung – zum Wohle unserer Patienten.
Man muss dazu sagen, dass das Fettgewebe auch in Wissenschaft und Medizin lange eine nur untergeordnete Rolle spielte. Erst in den letzten Jahrzehnten beschäftigte man sich näher damit und lernte, seine hervorragenden Eigenschaften in verschiedenen Behandlungen nutzbar zu machen: Als körpereigener Stoff ist Fett biokompatibel, einfach zu gewinnen, stets verfügbar und besitzt darüber hinaus ein enormes regeneratives Potenzial. Hinzu kommt, dass sich durch die Gewinnung von Stammzellen aus Fettgewebe weitere zukunftsweisende Therapieoptionen ergeben. Gerade in der bereits angesprochenen plastisch-ästhetischen und rekonstruktiven Chirurgie finden sich heutzutage immer neue Therapieansätze für das einst verpönte Fettgewebe.
Schon seit längerem wird es mit großem Erfolg in der Brustrekonstruktion eingesetzt und hat das Spektrum auf Basis dieser Erfahrungen in den letzten Jahren auch in anderen Fachbereichen noch erheblich erweitern können. Fett findet heute unter anderem bei der Behandlung von chronischen Wunden, Narbenunterspritzungen und in der Handverjüngung seinen Einsatz. Die meisten neuartigen Indikationen finden sich allerdings im Gesichtsbereich. Hier wird Eigenfett mit außerordentlich guten Ergebnissen bei der Unterspritzung von Falten, aber eben auch zum Volumenausgleich nach Tumorerkrankungen, bei Fehlbildungen, zur Korrektur von Asymmetrien und zum Ausgleich von Konturdefiziten genutzt. Die Fettpölsterchen, die anderen ein Graus sind, betrachten wir tatsächlich als „flüssiges Gold“.
PD Dr. med. Dr. med. dent. Sven Holger Baum
M.Sc. Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie
Helios St. Josefshospital Uerdingen
Kurfürstenstr. 69
47829 Krefeld