Impotenz und Erektionsstörungen sind für viele Männer mehr als ein körperlicher Defekt: Wenn der Penis nicht mehr stehen mag, ist die ganze Männlichkeit infrage gestellt. Der Weg zum Facharzt fällt schwer, zu groß ist die Scham. Viele nehmen die Einbuße in der Lebensqualität, die der Verlust eines aktiven Sexuallebens bedeutet, bewusst in Kauf. Dabei kann ein operativer Eingriff effiziente Abhilfe schaffen: Mit einer sogenannten Schwellkörperprothese verhilft Jörg Fröhlich, Oberarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Helios Klinikum Krefeld und Facharzt für Andrologie, impotenten Männern zu einem neuen Sexualleben.
„Der Androloge ist das Gegenstück zum Gynäkologen, also quasi ein Männerarzt, und die Andrologie ein Teilgebiet der Urologie, das sich ausschließlich den männlichen Fortpflanzungsorganen widmet. Zu mir kommen Männer mit Erektionsstörungen, unerfülltem Kinderwunsch oder Fehlbildungen, die Vorsorge für Hodenkrebs hingegen fällt in den Bereich der Uro-Onkologie“, umreißt Fröhlich sein Tätigkeitsfeld. In der Betreuung seiner Patienten kommt es – das klingt angesichts des Themas wie ein Kalauer – vor allem auf Fingerspitzengefühl an: „Der Leidensdruck ist sehr hoch. Viele Männer warten jahrelang, bevor sie den Mut aufbringen, mit ihren Problemen einen Arzt aufzusuchen. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit nötig“, weiß er. Zumal die Medizin enorme Fortschritte gemacht hat: „Noch bis in die Achtzigerjahre war es üblich, Impotenz und Erektionsstörungen als Symptome einer psychischen Erkrankung zu betrachten. Heute wissen wir, dass dahinter häufig handfeste organische Schäden stehen.“ Defekte der Nervenbahnen, wie sie etwa typisch für Diabetiker sind, können ebenso Ursache sein wie Bandscheibenschäden oder Gefäßerkrankungen. So sind Erektionsstörungen oft Frühwarnzeichen für einen Herzinfarkt. „Für die Erektion ist ein enormer Blutdruck erforderlich. Das Blut wird durch starken Muskeleinsatz unter Hochdruck in den Penis gepumpt. Wenn das nicht mehr funktioniert, nutzt auch ein überbordendes Selbstbewusstsein nichts“, bekräftigt Fröhlich.
Bei Impotenz kann eine Schwellkörperprothese effizient Abhilfe schaffen: In die beiden Schwellkörper wird jeweils ein hydraulischer Zylinder eingesetzt, der über einen Schlauch mit einem in der Bauchhöhle liegenden Flüssigkeitsreservoir verbunden ist. Betätigt der Mann die kleine Pumpe in seinem Hodensack, fließt die Flüssigkeit in die Zylinder: Das Glied erigiert. „Das Implantat befähigt den Mann zum Geschlechtsverkehr. Auch sein Lustempfinden ist nicht beeinträchtigt. Er kann damit sogar Kinder zeugen“, beschreibt Fröhlich den verblüffenden Effekt. Die Operation, für die Fröhlich ein eigenes Verfahren entwickelt hat, kommt mit nur einem Schnitt aus und dauert nicht länger als 40 Minuten. Rund 60 Mal im Jahr führt Fröhlich den Eingriff durch und ist damit für einen guten Teil der deutschlandweiten Schwellkörperimplantationen verantwortlich. „Im internationalen Vergleich hinken wir hinterher“, stellt er fest. „In Italien etwa werden diese Systeme deutlich häufiger eingesetzt. Möglicherweise ist die Bereitschaft italienischer Männer, auf Sex zu verzichten, weniger stark ausgeprägt.“ Das angeknackste Selbstbild im Einklang mit dem Penis wieder aufzurichten, dazu dient das Implantat allerdings nicht, macht der Androloge klar: „Es geht dabei ausschließlich um die Befähigung zum Sex. Der Einsatz des Systems ist ein Hilfsmittel hierfür, eine Prothese eben. Wer psychisch leidet, weil er sich aufgrund seiner Impotenz unmännlich fühlt, dem wird auch das Implantat nicht helfen.“ Männern, die seine Hilfe in Anspruch nehmen möchten, rät er außerdem dazu, zur Beratung ihren Sexualpartner mitzubringen, ganz gleich, ob weiblich, männlich oder divers. „Da es um Sex geht, ist die Meinung des Partners nicht ganz unwesentlich“, unterstreicht Fröhlich. Alle operativen Schritte und Therapieoptionen werden vor jedem Eingriff mit den Patienten eingehend besprochen, um ein befriedigendes und individuell passendes Ergebnis zu erreichen.
Impotenz kommt in allen Altersgruppen und sozialen Schichten vor, macht also auch vor der Jugend nicht halt: „Ich habe schon aktiven Achtzigjährigen geholfen, aber genauso kommen ganz junge Männer zu mir“, berichtet er aus seinem Erfahrungsschatz. Wenn Jugendliche an Erektionsproblemen leiden, steckt dahinter häufig ein venöses Leck. „Wie die Luft aus einem Fahrradschlauch entweicht das zum Aufbau und Halten der Erektion nötige Blut durch ein kleines Loch, mit dem Resultat, dass der Penis immer wieder erschlafft“, erläutert Fröhlich das Phänomen. „Dagegen hilft gegebenerweise die dorsale Penisvenenligatur. Hierbei werden die dorsalen Penisvenen, über die das Blut aus den Schwellköpern abfließt, verschlossen.“ Auch Penisbegradigungen nimmt Fröhlich vor – etwa im Falle der Induratio penis plastica, einer schubweise verlaufenden Peniserkrankung, die verstärkt zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auftritt und deren Ursache noch unbekannt ist –, doch Schönheitsoperationen oder eitle Penisverlängerungen lehnt er ab. „Diese Frage wird mir oft gestellt: ‚Herr Doktor, wenn Sie schon dran sind, können Sie ihn nicht ein bisschen länger machen?‘ Chirurgisch ist es natürlich immer einfacher, etwas wegzunehmen. Einen kürzeren Penis hat sich aber noch niemand gewünscht“, so der Familienvater. Aber letztlich entspricht die hinter dem Wunsch stehende Denke auch seiner eigenen Arbeitsauffassung: Auch wenn Fröhlich zur Arbeit schreitet, kommt es schließlich auf jeden Zentimeter an.