Körperliches Leiden zieht oft seelisches nach sich. Das trifft zum Beispiel auf Menschen zu, die von einer Fazialislähmung betroffen sind, einer Lähmung des Gesichtsnervs. Wir definieren uns ganz wesentlich über unser Gesicht. Es ist zum einen ein wichtiges Mittel nonverbaler Kommunikation, zum anderen der stärkste Ausdruck unserer individuellen Persönlichkeit. Wer nicht mehr Herr über seine Gesichtszüge ist, ist nicht nur stark in seinem Ausdruck beeinträchtigt, er erfährt auch oft Diskriminierung und Stigmatisierung. Soziale Isolation oder Rückzug aus der Gesellschaft sind dann die Folge. Für HNO-Ärzte und Kopf-Hals-Chirurgen stellt die Behandlung von Patienten mit Fazialislähmung daher eine besonders große Herausforderung dar. Glücklicherweise gibt es viele erfolgversprechende, individuell auf den Patienten und seine Bedürfnisse zugeschnittene Therapien, mit denen wir Beschwerden mindern oder die Lähmung sogar ganz aufheben können.
Die Fazialislähmung ist auf eine Schädigung der Gesichtsnerven zurückzuführen, die unter anderem durch Unfälle, Verletzungen, Entzündungen, Tumore oder Schlaganfälle verursacht wird. Sie äußert sich zum Beispiel in der Unfähigkeit, das Auge zu schließen, symmetrisch zu lächeln oder die Stirn zu runzeln. Oft ist die Symmetrie auch schon in der Ruheposition gestört. Damit gehen wiederum weitere Be- schwerden einher: Betroffene leiden oft unter ausgetrockneten und entzündlichen Augen, Tränenträufeln, Schäden der Hornhaut bis zur Erblindung sowie unter Kau-, Schluck- und Sprachschwierigkeiten, die ihr Stigma noch vergrößern. Zur Therapie bietet die moderne Medizin verschiedene Möglichkeiten. Man unterscheidet im Wesentlichen statische und dynamische Methoden. Die statische Therapie zielt darauf ab, die Gesichtssymmetrie im Ruhezustand wiederherzustellen, etwa durch Einsatz von Implantaten, die das Augenlid beschweren und so die Augenschließung ermöglichen. Chirurgisch aufwändiger sind dynamische Therapien, mit denen Patienten in die Lage versetzt werden, ihr Gesicht wieder selbstständig zu bewegen. Dazu wird der beschädigte Gesichtsnerv etwa durch ein Nerventransplantat oder die Umleitung von Nerven, die für Kaumuskulatur oder Schulter zuständig sind, überbrückt. Auch können neue Muskeln mitsamt eigener Gefäß- und Nervenversorgung eingesetzt werden, um den mimischen Ausdruck wiederherzustellen. Die dynamische Therapie verspricht gute Erfolge, braucht aber einige Zeit: Nicht selten dauert es 12 bis 18 Monate, bis Betroffene ihr Gesicht nach der Operation wieder selbst bewegen können.
Die eine richtige Behandlung der Fazialislähmung gibt es nicht. Es ist unsere Aufgabe, im Gespräch mit dem Patienten herauszufinden, wo seine Beschwerden liegen, was ihre Ursachen sind und welche Hoffnungen er an eine Therapie knüpft – und dann den entsprechenden Weg gemeinsam zu beschreiten. Am Helios Klinikum Krefeld verfügen wir über das Fachwissen und die Kapazitäten, Menschen mit Fazialislähmung ihren Gesichtssinn wiederzugeben – in enger Kooperation mit den Neurologen und den plastischen Chirurgen. Als interdisziplinäres Team freuen wir uns, unsere Patienten nach erfolgreicher Therapie mit einem entspannten Lächeln ins Leben entlassen zu können.
Prof. Dr. med. Johannes D. Schultz
Chefarzt der Hals-Nasen-Ohren-Klinik
Helios Klinikum Krefeld
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