Das Knie schmerzt, der Kopf pocht, die Ohren fiepen oder der Rücken hört einfach nicht auf, zu brennen. Wer von anderen Ärzten überwiesen wird oder durch die eigene Recherche motiviert in Dr. Nina Wollenwebers Zahnarztpraxis am Ostwall 187 kommt, hat oft einen langen Leidensweg hinter sich. „Dass die Zähne mit Schmerzen und Einschränkungen in anderen Körperregionen zusammenhängen, erkennen leider immer noch wenige“, erklärt die Zahnmedizinerin. „Dabei kann der Kiefer unseren gesamten Körper beeinflussen, bis in die Füße.“ Der Körper funktioniert wie ein Skelett an einem Faden: Ist nur ein Teilchen schief, verhaken sich andere Elemente, sind nicht mobil genug, oder es verändert sich der gesamte Körperaufbau. Die Beine können unterschiedlich lang sein, die Brust öffnet sich nicht funktionell genug oder die Halswirbel sind dauerhaft belastet. Schmerzen und Entzündungen entstehen, die Betroffene dauerhaft einschränken und sogar chronischen werden können.
Die „craniomandibuläre Dysfunktion“ (CMD), eine Kiefergelenkserkrankung, rückt in Deutschland immer weiter auf den Radar. Trotzdem gibt es nur wenige Mediziner, die durch ihre zahnmedizinische Ausbildung genug Fachwissen mitbringen, um eine erfolgreiche Behandlung durchzuführen. Wollenweber hat nicht nur einige Jahre in der Kiefergelenkssprechstunde der Universitätskliniken Düsseldorf gearbeitet und von den Profis gelernt, sondern ist eine von rund hundert Zahnärzten in Deutschland, die einen zusätzlichen Masterabschluss der Universität Innsbruck zur spezifischen Behandlung von Kiefergelenksfehlfunktionen vorweisen können. Ganzheitlich untersucht sie die Patienten, die zu ihr kommen. „Unsere Untersuchung findet nicht nur im Mund statt“, erklärt die 36-Jährige. „In einem Screening begutachten wir den gesamten Körper und schauen, wie sich eine Veränderung der Kieferstellung auf das Skelett auswirkt.“
In der Praxis sieht das so aus, dass Wollenweber das „Kurzeitgedächtnis“ der Kaumuskulatur durch gekonnte Griffe in nur wenigen Minuten löscht. Durch diese Methode können muskuläre Verspannungen umgangen und der Kiefer in seine physiologische Position gebracht werden. Untersucht sie erst den Mundraum auf mögliche Störstellen, führt der Weg anschließend auf eine Liege. Hier führt sie ein Ortho-Screening durch und untersucht beispielsweise Diskrepanzen der Rumpfmuskulatur sowie Becken- und Schulterschiefstände. Anschließend bearbeitet sie das Kiefergelenk mit manualtherapeutischen Griffen über die Außenseite der Wangen. „Wenn der Patient jetzt schluckt, kommt es zu einer 'Neuprogrammierung' des gesamten Systems. Solange die Zähne jetzt keinen Kontakt mehr zueinander bekommen und es somit wieder in eine pathologische Kieferposition kommt, sehe ich, wie wir das Kiefergelenk in einer anschließenden Therapie dauerhaft beeinflussen können“, erklärt sie. „Die Beine sind jetzt beispielweise wieder gleich lang und die Hüfte steht gerade. Das verändert die gesamte Körperstruktur.“
Anschließend fertigt Wollenweber mit dem Ergebnis des Screenings eine Biss-Schiene an: Tragen manche diese nur nachts, sind andere dauerhaft auf eine Schiene angewiesen. „Auch ich bin leider so ein Patient“, erklärt die Krefelderin und lacht. „Hilfe zur Selbsthilfe war das bei mir.“ Denn die junge Frau blickt selbst auf eine lange Leidensgeschichte zurück: Viele Jahre litt sie unter Kopfschmerzen, unter pulsatorischem Ohrenrauschen und knirschte mit den Zähnen. „Heute habe ich meine Beschwerden sehr gut im Griff“, erzählt sie. Schon schnell können die meisten Patienten nur durch das Tragen der Schiene Verbesserung feststellen. Andere überweist die Zahnärztin an einen Physiotherapeuten oder nimmt zusätzlich einen Osteopaten zur Behandlung dazu. „Es geht immer darum, die Lebensqualität langfristig zu steigern und manchmal sogar darum, sie überhaupt wiederherzustellen“, erklärt sie weiter. „Bei einigen Patienten geht das sehr schnell, andere brauchen eine lebenslange Behandlung.“
Welche Einschränkungen eine CMD mitbringen kann, zeigen die Fallbeispiele, von denen die sympathische Ärztin lebhaft erzählt: Eine junge Patientin war jahrelang nicht mehr mit ihrem Partner zum Essen ausgegangen. Zu groß war die Scham, wenn das Kiefergelenk beim Öffnen des Mundes laut knackte. Ein anderer Patient war über viele Monate als arbeitsunfähig eingestuft, denn ein starker Tinnitus und ebenso starke Schwindelgefühle nahmen ihm jede Fähigkeit, sich im Berufsleben zu konzentrieren. Während die Schiene von der Krankenkasse übernommen wird, müssen das Ortho-Screening und die speziellen Untersuchungen zur CMD selbst getragen werden. Für Wollenweber und ihre praktizierenden Kollegen ist das Vorgehen der Kassen unverständlich. „Österreich ist da beispielsweise schon viel weiter als wir“, erklärt die junge Frau. „Wir werden uns auch weiterhin dafür stark machen, dass die Therapie von CMD mehr Gewicht in der Medizin findet. Am Ende haben wir nur einen Körper und sollten alles dafür tun, dass es ihm gut geht.“
Wollenweber Zahnmedizin, Ostwall 187 in 47798 Krefeld.
Sprechzeiten: Montag bis Freitag von 8 bis 13 Uhr
Montag, Dienstag und Donnerstag von 14 bis 19 Uhr
Mittwoch von 14 bis 17 Uhr; Samstag nach Vereinbarung
Telefon: 02151 29775, www.wollenweber.dental;
Terminvereinbarung auch online möglich