Im Jahr 2006 wurden Nintendo-Zocker zu „Gehirnjoggern“. Verantwortlich dafür zeichnete sich der japanische Neurowissenschaftler Prof. Ryūta Kawashima, dessen Videospiel „Dr. Kawashimas Gehirnjogging“ schnell große Popularität erlangte. Ziel des spielerischen Trainingsprogramms ist es, unterschiedliche Gehirnareale zu stimulieren und so die geistige Leistungsfähigkeit zu fördern. Auch Sudokus, Kreuzworträtsel und Sortierspiele sollen angeblich die kognitive Kondition steigern. Neurowissenschaftler wie Dr. Axel Kowalski geben jedoch zu bedenken, dass nicht jede „Jogging-Technik“ gleichermaßen effektiv ist – wenn überhaupt.
„Man kann die geistige Kondition fördern. Aber es gibt keine ‚Eins für alles‘-Lösung. Sudoku und Kreuzworträtsel werden in diesem Kontext oft erwähnt, sind – anders als behauptet – aber nicht besonders förderlich für eine bessere Gedächtnisleistung oder das Wortschatzwachstum. Man wird einfach besser in dem, was man konkret trainiert“, erläutert Axel Kowalski. Die Funktionszusammenhänge unseres Denkorgans bestimmen den Berufsalltag des Neurowissenschaftlers, der in seiner Praxis „NeuroFit Akademie“ unterschiedliche Prozesse in Körper und Gehirn mithilfe von Bio- und Neurofeedback sicht-, hör- oder spürbar machen kann. Auf diese Weise behandelt er unterschiedliche Krankheits- und Störungsbilder wie Aphasien nach einem Schlaganfall, chronische Schmerzen, ADHS, Schlaf- oder Konzentrationsschwäche.
Leistungsbremse Handy
Da sich das Hirn an unsere Lebensumwelt und die damit einhergehenden Anforderungen anpasst, gewöhnt es sich mit der Zeit auch an die uns ständig umgebenden auditiven und visuellen Reize des digitalen Zeitalters. Die Folgen können sowohl Konzentrations- und Gedächtnisschwäche sein, aber auch eine Unfähigkeit, sich dem Reizüberfluss bewusst zu entziehen. „Die Smartphone-Nutzung ist vergleichbar mit Drogenkonsum. Wenn wir Feedback erhalten, sei es in Form einer Nachricht oder eines Likes, schüttet unser Hirn den Botenstoff Dopamin aus; wir fühlen uns bestätigt. Auf Dauer gewöhnen wir uns an ständiges Feedback und leiden darunter, wenn es ausbleibt“, erläutert Kowalski. Das habe, ebenso wie andauernder Stress, negative Auswirkungen auf die Denkleistung. Ab einem gewissen Level ist unser Gehirn schlichtweg überfordert mit der Informationsflut, die in vielen Berufen zur Tagesordnung gehört. In die Folge wird „aussortiert“: Wir vergessen Dinge.
Schlafen und Däumchen drehen
In der Ruhe liegt die Kraft. So abgedroschen diese Weisheit des Konfuzius auch klingen mag, so sehr trifft sie auf die Funktionsweise unseres Hirns zu. „Pausen sind das Wichtigste überhaupt. Dabei sollte man sich aber auch wirklich jeglichem Reizinput entziehen, um die eigenen Fähigkeiten zu regenerieren. Eine Pause soll ja der Reizverarbeitung dienen“, erklärt Kowalski. Mehr noch als bewusste Unterbrechungen des Alltags hilft Schlaf dabei, Erlebtes zu verarbeiten und Gelerntes zu behalten. Laut dem deutschen Neurowissenschaftler Prof. Dr. Jan Born nutzt unser Gehirn die Tiefschlafphase, um neue Erinnerungen zu verankern. Je höher die Qualität des sogenannten „Delta-Schlafs“, umso besser unsere Gedächtnisleistung. Eine gemeinsame Studie des Karolinska-Instituts Solna, der Universität Uppsala und der Wayne State University in Michigan ergab, dass sich die Strahlung von Mobiltelefonen negativ auf die Schlafqualität, insbesondere der Tiefschlafphase, auswirken kann. Diese wird laut der Erhebung verkürzt, wenn mobile Geräte in der Nähe des Schlafenden liegen. Handy und Co. sollten auch nicht kurz vor dem Schlafengehen genutzt werden, da Tätigkeiten wie Chatten die innere Anspannung erhöhen.
Im Alltag wird neben Ruhepausen auch ausreichend körperliche Aktivität empfohlen, um den Geist fit zu halten. „Bewegung tut was für den Kopf. Sie verbessert die Durchblutung und beschleunigt den Schadstoffabbau in den Zellen. Auch hier kann man nicht pauschalisieren; eine halbe Stunde mäßige Bewegung pro Tag hat aber in jedem Fall positive Auswirkungen auf unsere mentale Fitness“, beschreibt Axel Kowalski. Zusätzlich sei es durchaus möglich, spezifische Konzentrations- oder Gedächtnisübungen zu absolvieren. Die App „NeuroNation“ stellt beispielsweise eine Auswahl nützlicher Hirntrainings zur Verfügung, die individuell auf die Bedürfnisse des Nutzers abgestimmt und von der Fachwelt als effektiv eingeschätzt werden. Da allerdings jedes Gehirn anders ist, sind auch verschiedene Methoden zur Steigerung der Gedächtnis- oder Konzentrationsfähigkeit personenabhängig unterschiedlich effektiv. „Es müssen eigentlich individuelle Leistungskurven ermittelt werden“, gibt Axel Kowalski zu bedenken. „Wem es mit diesem Thema wirklich ernst ist, der landet in irgendeiner Form beim Neurofeedback. Ich behandle oft Berufstätige, die unter Gedächtnis- oder Konzentrationsproblemen leiden.“ Wer diese Fähigkeiten dauerhaft verbessern möchte, müsse sich auch auf eine dauerhafte Veränderung einlassen. „Mit meinen Patienten mache ich immer erst ein Grundlagentraining, das sind meistens fünf bis zehn Einheiten. Danach wenden wir uns spezifischeren Übungen zu, die später auch selbstständig im Alltag angewandt werden“, beschreibt der Diplom-Psychologe.
Spielerisches Gehirnjogging kann funktionieren, allerdings bedarf es individualisierter Methoden, um Erfolge zu erzielen. Bis sich eine positive Veränderung bemerkbar macht, kann es einige Monate dauern. Mindestens zehn Wochen konsequenter Anwendung braucht es im Regelfall, bis Auswirkungen konkret spürbar werden. Wer seine geistige Leistungsfähigkeit verbessern möchte, muss also ein wenig Geduld mitbringen.
NeuroFit, Dr. Axel Kowalski, Dipl.-Psych., Hochstraße 84, 47798 Krefeld,
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