Gerade kam eine 93-jährige Patientin in meine Sprechstunde. Ihr war in anderen Krankenhäusern abgeraten worden, sich – trotz massiver Schmerzen in ihrer Hüfte – operieren zu lassen. Erschreckenderweise fiel sogar der Satz „Lohnt sich das für Sie noch?“ Ihr, aber auch anderen Patienten, wurde eine Operation ausgeredet, weil sie noch weitere Erkrankungen haben. Sei es das Herz, der Kreislauf, Magen, Darm oder Galle. Gerade Patienten jenseits der 80 Jahre schrecken davor zurück, sich in ihrem Alter noch operieren zu lassen. Meine Patientin war auch verunsichert. Dabei leiden immer mehr Menschen unter altersbedingtem Gelenkverschleiß. Das ist ein Preis der steigenden Lebenserwartung. Es ist aber keineswegs notwendig, Schmerzen auszuhalten, nur weil der Mensch älter ist. Auch ist die Schmerzempfindlichkeit bei jedem anders. 

Denn kaputte Knie oder Hüften tun nicht nur weh, sondern führen auch zu einer zunehmenden Einschränkung der Mobilität und zu Gangunsicherheiten, die wiederum das Sturzrisiko erhöhen. Und beides stellt gerade im höheren Alter ein großes Problem dar. Das Hauptargument für ein künstliches Gelenk ist die Schmerzreduktion, idealerweise die Schmerzfreiheit. Daneben erhöht sich die Mobilität, was ebenfalls sehr zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt. 

Natürlich ist eine Operation immer ein Eingriff, der ein Risiko in sich trägt. Keine Frage. Diese Risiken müssen besprochen werden. Und damit eine Operation auch für sehr alte Menschen möglich ist, müssen entsprechende „Vorsorgemaßnahmen“ getroffen werden. Eingehende Voruntersuchungen helfen dabei abzuklären, welche anderen Krankheiten der ältere Patient noch hat, die bei einer Operation Probleme bereiten könnten.  Auch kann ein Kunstgelenk mehrfach gewechselt werden. Ich höre auch von Zeit zu Zeit das Ammenmärchen, dass ein Kunstgelenk nur einmal wechselbar sei. Das ist einfach Unsinn. Es gibt keine Beschränkungen bei der Eingriffsanzahl. Ein erfolgreicher Wechsel hängt immer mit der vorhandenen Knochensubstanz zusammen. Ist sie in Ordnung, kann so oft gewechselt werden wie notwendig. Ist sie desolat, ist es eventuell nicht mehr möglich.

Für mich ist nicht das Alter allein ausschlaggebend. Das muss in jedem Fall individuell betrachtet werden. Ich habe schon viele Patienten und Patientinnen im hohen Alter erfolgreich operiert.  Meine 93-jährige Patientin habe ich mit einer neuen Hüfte glücklich gemacht. Wenn das Risiko überschaubar ist und der Chirurg und sein Team sich entsprechend vorbereitet haben, muss das hohe Alter kein Hindernis sein.

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