Karina zeigt ihren After-Babybauch mit Sixpack-Ansatz schon drei Wochen nach der Schwangerschaft. Nadine ist mit ihrer kleinen Familie im Wochenbett „total happy“ – die Haare sitzen, und das Make-up ist ordentlich. Katherine zeigt sich stressfaltenfrei, völlig entspannt und tobend mit zwei kleinen Kindern in weißen, unbefleckten Baumwollklamotten und fragt: „Sind Sie nicht süß?“ Das Leben als frischgebackene Mutter in Sozialen Medien wie Instagram oder Facebook wirkt leichtfüßig, perfekt und unkompliziert. Es setzt Neu-Mütter aber vor allem unter Druck, glaubt die Krefelder Hebamme Lisa Evertz: „Ein Kind zu bekommen und eine Familie zu gründen, sind wunderschön, aber immer auch anstrengend.“ Deswegen sei es als Hebamme heute vor allem die Aufgabe, werdenden Müttern nicht nur ihre Fragen rund um Schwangerschaft, Geburt und den Einstieg in das neue Familienleben zu beantworten, sondern ihnen zu ihrer Natürlichkeit und zu ihrem eigenen Selbstvertrauen zurück zu helfen. „Ich möchte, dass die werdenden Mütter lernen, dass alles erlaubt ist, worauf sie selbst vertrauen und dass temporäre Überforderung, Überlastung und auch mal Tränen ganz normal zum Mama-Werden dazugehören“, erklärt die Zweifachmama.
Klassisch beginnt der Kontakt zu Hebamme Lisa Evertz in der 20. Schwangerschaftswoche: Die ersten Monate der Schwangerschaft liegen hinter den jungen Frauen, der Gedanke, ein Baby zu bekommen, hat sich manifestiert, und der Fragenkatalog im Kopf der Bald-Mütter ist fast täglich gewachsen. „Vor allem Frauen, die zum ersten Mal ein Kind bekommen, haben oft viele Fragen“, erzählt die Bockumerin. Jede Reaktion am eigenen Körper werde ganz genau beobachtet, Ratgeber und das Internet gewälzt und die besten Freundinnen, die schon Kinder haben, nach ihren hilfreichsten Tipps ausgequetscht. „Kein Wunder, ein Kind zu bekommen, ist ein wahnsinniges Ereignis, aber ich verkünde immer 'Never google with a Kugel'“, sagt die Hebamme und lacht. „Eigentlich weiß der eigene Körper, was wir und unser Kind in der Schwangerschaft am besten brauchen.“
Alle vier Wochen besucht die Krefelderin ihre Frauen zuhause, ab der 36. Schwangerschaftswoche sogar alle zwei Wochen. Grundsätzliche Fragen werden besprochen, wie „Was muss ich ins Krankenhaus mitbringen?“, „Wie kann ich mich auf die Geburt vorbereiten?“ oder „Worauf muss ich bei der Einrichtung des Kinderzimmers achten?“ Natürlich werden aber auch mögliche Schwangerschaftsbeschwerden und der Status des heranwachsenden Kindes überprüft. „Ich lege dabei viel Wert darauf, die Mutter miteinzubinden“, sagt Evertz. Wenn sie den Bauch der Schwangeren abtastet, um zu kontrollieren, ob der Fötus richtig liegt oder ob das Herz regelmäßig schlägt, nimmt sie am Ende der Untersuchung die Hände der zukünftigen Mama und stellt die Handgriffe nach. „Ich möchte, dass die Mütter ihr Kind fühlen. Oft haben sie über jahrelange hormonelle Verhütung das Gefühl dafür verloren, was im eigenen Körper passiert“, erklärt die Hebamme und fügt hinzu: „Für uns als Frau ist es aber wichtig, zu wissen, wie sich unser Körper anfühlt, was in ihm vorgeht und was zu uns dazugehört.“
So war es auch bei Bianca. Evertz beschriebt die 28-Jährige als eine sehr ruhige, besonnene Mutter. Aber auch für die Krefelderin war es wichtig, eine weibliche Ansprechpartnerin zu haben, die ihr jede Frage professionell beantwortet. Fast 30 Hebammen hatte die 28-Jährige kontaktiert, bis sie in der 34-Schwangerschaftswoche endlich Lisa Evertz fand. „Für mich war vor allem der Ablauf der Geburt ein großes Ding“, erinnert sich die Mutter der inzwischen achtmonatigen Sophie. „Ich hatte Angst, dass ich damit überfordert bin.“ Gemeinsam mit Bianca spricht die Hebamme die Geburt durch. Sie erklärt die unterschiedlichen Phasen der Geburt: Beschreibt die Latenzphase, wenn die ersten Wehen einsetzen und vor allem beim ersten Kind die Gebärmutter noch „übt“, die Regelmäßigkeit der Wehen herzustellen. Diese dauert gerade beim ersten Kind oft sehr lang und ist mit Schmerzen verbunden. Dann öffnet sich der Muttermund, und die Eröffnungsphase beginnt. Die Hebamme erklärt die Pressphase, wie sich der Kopf des Kindes durch das Becken drehen muss und beschreibt, was passiert, nachdem das Kind geboren wurde. „Diese Art Ablaufplan hat mir während der Geburt schon geholfen“, beschreibt Bianca. „Ich wusste, dass zu jeder Zeit alles normal ist, was hier passiert. Das tat mir gut.“
So war es auch, als sich die 28-Jährige während der Geburt für eine Peridualanlagesie, kurz PDA, entschied. Im Voraus hatte Evertz ihr erklärt, dass die schmerzstillende Spritze zwar Entlastung schafft, aber auch in das natürliche Geburtserlebnis eingreift. „Es ist für mich immer wichtig, dass die Frauen verstehen, dass niemand etwas davon hat, wenn sie nach etlichen Stunden im Kreissaal die Geburt abbrechen und auf einen Kaiserschnitt umschwenken müssen“, erklärt die Hebamme. „Natürlich ist eine PDA nicht deal, aber sie hilft, die Geburt ohne Kaiserschnitt zu bewältigen.“
Dass die Geburt an sich – ob mit oder ohne Schmerztherapie – immer eine enorme Anstrengung für die junge Familie darstellt, würden dabei viele vergessen. Für Lisa Evertz sei das auch eine typische Instagram-Begleiterscheinung, erklärt sie: „Es heißt nicht umsonst 'das Wochenbett'. Die Frauen sollen mit ihren Neugeborenen am besten zwei Wochen komplett im Bett bleiben, sich erholen und aneinander gewöhnen. Aber auch das leben uns die Hochglanzbilder anders vor.“ Jeden Tag besucht die Hebamme in der ersten Woche die junge Familie und schaut, ob alles in Ordnung ist. Dabei geht es nicht darum, die Mütter zu kontrollieren, sondern zu unterstützen. Evertz schwört in dieser Zeit auf lange Kuscheleinheiten zwischen Mutter und Kind sowie auf ausgiebige Berührungen auf nackter Babyhaut. „Die erste Zeit im Leben eines Kindes ist verantwortlich für die Mutter-Kind-Bindung“, sagt die Hebamme. „Sie entscheidet zum Beispiel auch darüber, ob die Stillbeziehung gut funktioniert.“
Nach den ersten zwölf Wochen wird der Kontakt zwischen der Familie und der Hebamme dann geringer. Acht Termine stehen der jungen Mutter und dem Neugeborenen im ersten Lebensjahr regulär noch zur Verfügung, um offene Fragen zu klären und sich Tipps einzuholen. Dabei kann der Rückbildungsprozess oder die Zunahme des Kindes genauso Thema sein wie die Frage „Wie schnalle ich mein Kind sicher an?“ oder eine postnatale Depression, die immer häufiger eintritt. „Es gibt einfach Zeiten, in den braucht eine Frau eine Frau zur Seite“, sagt Lisa Evertz. „Und genau dafür sind wir Hebammen da.“
Hebamme Lisa Evertz, Grenzstraße 127, 47799 Krefeld,
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