Das Thema „Alten- und Heimpflege“ ist in aller Munde. Der demografische Wandel, die Fortschritte der Medizin und der Mangel beim Pflegepersonal führen dazu, dass die Zahl der Menschen, die von Angehörigen gepflegt werden müssen, immer größer wird. Weniger geläufig ist das Thema der Pflege psychisch Erkrankter, dabei ist es kaum weniger akut. An der Klinik Königshof übernehmen die Pflegeexperten Jasmin Tsaprounis und Cindy Lee-Heinrichsmeyer die Aufgabe, Angehörigen von psychisch Kranken die nötigen Kompetenzen für die Heimpflege und Hilfestellung für das Zusammenleben zu vermitteln.
Als sich der beliebte Fußballprofi und Nationaltorhüter Robert Enke 2009 das Leben nahm, war dies auch der Anlass, endlich öffentlich über eine Krankheit zu sprechen, die ihr Werk sonst im Verborgenen verrichtet: die Depression. Menschen, die an dieser Krankheit leiden, zeigen keine sichtbaren körperlichen Symptome und unterscheiden sich bei nur oberflächlichem Blick kaum von jemandem, der einfach nur einen schlechten Tag erwischt hat. Wer hingegen mit einem Depressiven zusammenlebt, der weiß von den Herausforderungen und Nöten, die damit einhergehen. „Unser Ziel ist es, den Angehörigen Sicherheit zu vermitteln. Das umfasst sowohl die Überreichung eines ,Werkzeugkoffers', also die Weitergabe von Fachwissen und konkreten Handlungsempfehlungen, als auch emotionale Unterstützung“, erklärt Tsaprounis. Die Pflegeschulung der Klinik Königshof nimmt also nicht nur den Patienten mit seinen Nöten ins Visier, sondern vor allem den Angehörigen selbst. „Die Selbstfürsorge ist ein wichtiger Baustein des Programms“, bestätigt Heinrichsmeyer und ergänzt: „Pflegende, die es versäumen, sich um sich selbst zu kümmern und sich Auszeiten zu nehmen, werden sonst selbst krank. Wir versuchen daher, Druck von ihren Schultern zu nehmen.“ Ganz wesentlich dafür ist die Bewertung der eigenen Situation: „Die Angehörigen dürfen sich nicht als Gefangene der Krankheit des anderen fühlen. Wir wollen sie in die Lage versetzen, ihre Situation sachlich bewerten zu können, und ihnen Normalität vermitteln. Sie sollen am Ende des Programms sagen: ,Ich kann damit umgehen!'“, fasst Tsaprounis ihre Mission in Worte.
Häufige psychische Erkrankungen sind Altersdemenz, Parkinson, die erwähnte Depression oder die bipolare Störung, und sie erfordern im Umgang jeweils ein gänzlich eigenes Fähigkeiten-Set. Die Pflegeschulung für Angehörige umfasst einen einführenden, mehrtägigen Kurs, der für interessierte Angehörige von Klinikpatienten kostenlos angeboten und modulartig zusammengestellt wird. „Wir klären die Angehörigen in diesem Kurs über die jeweilige Krankheit auf, geben Anleitung etwa zur richtigen Kommunikation mit dem Patienten oder Hilfestellung für den Kontakt mit dem Sozialamt und der Versicherung“, erläutert Tsaprounis. „Allein die innerhalb der Kurse stattfindende Vernetzung der Angehörigen untereinander bedeutet für viele schon eine enorme Entlastung, weil sie merken, dass sie mit ihren Sorgen nicht allein sind.“ Bis zu sechs Wochen nach der Klinikentlassung besuchen Tsaprounis und Heinrichsmeyer die Patienten und Pflegenden darüber hinaus für ca. ein bis zwei Stunden wöchentlich zu Hause. „Wir helfen dann dabei, den Alltag zu strukturieren, wirken unterstützend und motivierend und entwickeln mit den Angehörigen einen Notfallplan, damit sie in einer Krisensituation genau wissen, was zu tun ist und schnell handeln können“, beschreibt Heinrichsmeyer den Dienst.
Die Idee der Pflegeschulung für Angehörige stammt ursprünglich von der Universität Bielefeld in Kooperation mit der AOK Rheinland/Hamburg. Nach erfolgreicher Etablierung wurde das Projekt „Familiale Pflege“ von den Krankenkassen in die Regelversorgung aufgenommen. Gerade in Krefeld ein Segen, denn es gibt hier sehr wenig ambulante psychiatrische Pflege. Die Klinik Königshof hat mit ihrer Pflegeschulung auf den dringenden Bedarf reagiert und befindet sich bereits auf einem sehr guten Weg, Bedürftigen die nötige Hilfe zukommen zu lassen. Doch in der Enttabuisierung psychischer Krankheiten, die die Grundlage für eine funktionierende Pflege ist, stehen wir in Deutschland noch am Anfang. Hier ist jeder Einzelne gefragt, mitzuhelfen, ein Klima zu schaffen, in dem Betroffene offen sagen können, dass sie Hilfe brauchen.
Klinik Königshof, Am Dreifaltigkeitskloster 16, 47807 Krefeld
Telefon: 02151-823 00, info@klinik-koenigshof-krefeld.de, www.klinik-koenigshof-krefeld.de