Am Dienstag, 26. März, luden moveo-Herausgeberin Sarah Weber und Kommunikationsexpertin Sigrid Baum zur dritten Netzwerkveranstaltung des moveo-Expertendialogs. Diesmal trafen sich die Gäste im stilvollen Neubau der Klinik Königshof, einer der größten psychiatrischen Einrichtungen der Region. In dem großen modernen Empfangsraum hatten die Experten zunächst Zeit für ein ungezwungenes Get-together. Hauptredner des Abend war Chefarzt Dr. med. Jan Dreher, der die Abteilung Allgemeinpsychiatrie der Klinik Königshof leitet. Für den Expertendialog hatte sich der Psychiater ein besonders spannendes Thema ausgesucht: Unter der gewagten Überschrift „Stress macht nicht immer krank!“ führte er die Anwesenden anhand von zehn Thesen durch einen Vortrag voller neuer Erkenntnisse.

„Zunächst müssen wir uns fragen: Was wissen wir über Stress – oder was glauben wir zu wissen?“, begann Dreher seinen Vortrag. „Es heißt: Stress ist schlecht. Stress macht krank. Er verursacht Burnout. Stress auf der Arbeit entsteht durch ein zu hohes Aufgabenpensum. Stress fördert psychische Erkrankungen. Diese Aussagen begegnen uns überall, stimmen aber nicht in ihrer Absolutheit.“ Um die genannten Behauptungen zu relativieren, hatte der Psychiater zehn entschärfende Gegenthesen vorbereitet. Die erste: „Arbeit darf Stress machen“. Leistung, so Dreher, dürfe man durchaus fordern, sie müsse nur gut und gerecht verteilt sein. Deshalb – so These zwei – verursache es auch nicht grundsätzlich Stress, wenn Leistung verlangt wird. Stress entstehe erst dann, wenn Leistungen gefordert würden, die nicht möglich sind oder dem Betroffenen in Anbetracht seiner persönlichen Fähigkeiten nicht machbar erscheinen (These drei). Außerdem sei Unklarheit ein Stress-Auslöser (These vier). „Ein Beispiel ist die Vereinbarung beruflicher und privater Pflichten: Wer eine pflegebedürftige Mutter zuhause umsorgen und gleichermaßen stets pünktlich beim Nine-to-five-Job sein muss, hat unter Umständen Schwierigkeiten, beiden Seiten gerecht zu werden. Um hier keinen Stress aufkommen zu lassen, ist es notwendig, klare Absprachen zu treffen und im Arbeitsumfeld feste Rahmenbedingungen zu schaffen“, fuhr Dreher fort. Auch eine definierte und realistische Zielsetzung könne helfen, nicht in Unruhe zu geraten. 

„These Nummer fünf: Gerede macht Stress“, so Dreher. „Hier müssen die Führungskräfte ein gutes Vorbild abgeben.“ Auch Willkür (These sechs) löse Stress aus – hier sei es ebenso Aufgabe der Arbeitgeber, transparent zu sein und ihren Mitarbeitern die Kriterien zu kommunizieren, an denen die individuelle Leistung gemessen wird. So könne man auch einem weiteren Auslöser entgegenwirken, denn – so These sieben: „Es macht Stress, nicht zu wissen, woran ich gemessen werde“. Anerkennung sei hier ein ebenso wichtiger Faktor wie die klare Kommunikation von Wünschen und Anforderungen.

Mit seiner achten These bezog sich Dr. Jan Dreher auf einen der wohl meistgenutzten psychologischen Begriffe der letzten Jahre: „Burnout ist ein irreführender Ausdruck. Wir Psychiater bezeichnen das, was allgemein als Burnout betitelt wird, als depressive Episode. Der Begriff Burnout wird sehr häufig mit dem Auslöser Arbeit in Verbindung gebracht: ‚Person X hat zu viel gearbeitet, deshalb hat er oder sie jetzt Burnout‘. Das ist so aber nicht richtig. Es führen in den allermeisten Fällen mehrere verschiedene Faktoren zu einer depressiven Episode. Die Gleichung ‚Leistungsdruck ergibt Burnout‘ ist also nicht richtig.“ Sollte ein Berufstätiger tatsächlich in eine Depression abgerutscht sein, sei eine professionelle Wiedereingliederung hilfreich für den Wiederaufbau der vollen Leistungsfähigkeit (These neun). „Das Wichtigste – und das ist auch meine letzte These: Leben Sie ein gesundes Leben vor! Als Arbeitgeber sind Sie diejenigen, an denen Mitarbeiter ihre eigene Einstellung messen“, beendet Dreher seinen Vortrag. Nach der anschließenden, ausführlichen Feedbackrunde waren alle Anwesenden zur Tour durch das neue Klinikgebäude eingeladen, um sich einen Eindruck von den freundlichen und modern ausgestatteten Räumlichkeiten der Einrichtung zu verschaffen.

Die Grundlage der Behauptung „Stress macht nicht immer krank“ ist am Ende so simpel, dass sie oft übersehen wird: Wer seine Arbeit mit Freude tut – und das ist nur möglich, wenn die oben genannten Parameter erfüllt sind – wird Stress nicht in der Form erleben, wie ihn die Medien darstellen. Diese Zufriedenheit und Leidenschaft am Beruf – so waren sich die Anwesenden am Ende einig – eint auch das Netzwerk der moveo-Experten. Nach einem weiteren eindrucksreichen und informativen Abend bleibt nun die Vorfreude auf das nächste Treffen, das am 2. Juli in den Räumen des Gesundheitsdienstleisters salvea stattfinden wird. Außerdem werden künftig – dank der jüngst geschlossenen Kooperationspartnerschaft mit dem Fachbereich Gesundheitswesen der Hochschule Niederrhein – regelmäßige Workshops für das Expertennetzwerk angeboten. Der erste Thementag wird den Bereich Onlinemarketing beleuchten und am 5. Juni in den Räumen der Hochschule stattfinden.

Bei Interesse an einer Mitgliedschaft im Expertennetzwerk nutzen Sie gerne folgende Kontaktmöglichkeiten: Telefon 0174-2914 914 oder info@moveo-expertendialog.de. Weitere Informationen zum moveo-Expertendialog finden Sie unter www.moveo-expertendialog.de