Herzkreislauferkrankungen sind die Todesursache Nummer eins in Deutschland. Dank zahlreicher Aufklärungskampagnen ist zwar inzwischen ein großer Teil der Bevölkerung mit den typischen Symptomen eines Herzinfarktes und den in diesem Fall einzuleitenden Maßnahmen vertraut. Doch es gibt zahlreiche weitere Erkrankungen, die den „Motor“ unseres Körpers ins Stocken bringen und schlimmstenfalls zum Totalschaden führen können. Oft lange im Verborgenen bleibt beispielsweise das sogenannte Vorhofflimmern. Ein tückisches Krankheitsbild, das das Herzzentrum Niederrhein des Helios Klinikums Krefeld im Rahmen der diesjährigen Herzwochen im November in den Fokus rückt, um Menschen Tipps zur Vorbeugung und Früherkennung zu vermitteln.
Um zu veranschaulichen, was sich hinter dem Vorhofflimmern verbirgt, vergleicht der Chefarzt am Herzzentrum Niederrhein, Priv.-Doz. Dr. Dong-In Shin, das Herz mit einem Metronom, das in einem gewissen Rhythmus schlägt: „Der Muskel zieht sich zusammen und entspannt sich wieder. Beim Vorhofflimmern flimmert der Muskel der Vorkammer am Herzen. Ein Zustand der chaotischen, elektrischen Erregung. Die Folge: Die linke Vorkammer zieht sich gar nicht mehr zusammen.” Vorhofflimmern entsteht entweder durch elektrische Störsignale aus dem Bereich der Lungenvene, die den eigentlichen Rhythmus des Herzens unterbrechen oder durch natürliche Alterungsprozesse. „Das Altern selber können wir nicht stoppen. Jeder kann für sich allerdings etwas dazu beitragen, diesen Alterungsprozess nicht noch zu beschleunigen”, betont Dr. Shin. Besonders schädlich sei ein BMI von über 30 und unbehandelter Bluthochdruck, denn dieser lässt das Herz schneller altern und ruft weitere gesundheitliche Probleme hervor. Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe seines Lebens an Vorhofflimmern zu erkranken, ist grundsätzlich recht hoch, doch durch eine gesunde Lebensweise lässt sich der Alterungsprozess des Herzens zumindest hinauszögern.
Als Faustregel zur Selbsterkennung von Vorhofflimmern gilt: Spürt man im Alltag weder seinen Herzschlag, noch den Herzrhythmus, kann man in den meisten Fällen unbesorgt sein. Beginnt man jedoch sein Herz im Alltag vermehrt störend zu spüren, sollte dies kardiologisch abgeklärt werden. Auch das anhaltende Gefühl von innerer Unruhe, ein unregelmäßiger und erhöhter Puls sowie eine Verringerung der eigenen körperlichen Belastbarkeit können auf eine krankhafte Veränderung am Herzen hindeuten. War früher die Beobachtung des eigenen Körpers im privaten Rahmen noch alternativlos, können heute Smartphone-Apps bei der Früherkennung von Vorhofflimmern helfen. Die Skepsis gegenüber den Herzfrequenz-Apps, die mittlerweile auch wissenschaftlichen Prüfungen standhalten, sei nach dem Dafürhalten des Chefarztes der Medizinischen Klinik I unbegründet: „Die Qualität dieser Apps ist gut. Sie zeigen einen unregelmäßigen Puls an. Eine Diagnose kann zwar hiermit nicht gestellt werden, jedoch kann der Arzt mittels EKG überprüfen, ob mehr hinter der App Anzeige steht.“
Bei der Diagnostik von Vorhofflimmern dürfen zwei Charakteristika nicht außer Acht gelassen werden: Die Erkrankung tritt besonders im frühen Stadium sehr unregelmäßig auf und verläuft nicht selten ohne Symptome. Während andere Krankheiten sich bei akutem Stress, wie dem Arztbesuch, verstärken, tritt Vorhofflimmern zudem typischerweise erst nach der Stresssituation auf und kann deshalb manchmal in einem einzigen EKG nicht direkt nachgewiesen werden. Um sehr selten auftretendes Vorhofflimmern zu diagnostizieren, kann bei diagnostischer Notwendigkeit (beispielsweise nach einem Schlaganfall mit unklarer Ursache) ein Mikro-Chip unter die Haut implantiert werden, der drei Jahre lang das EKG aufzeichnet und so eine eindeutige Diagnose ermöglichen kann.
Wer glaubt, die beschriebenen Symptome aufzuweisen, dem sei geraten, die Überprüfung des eigenen Herzrhythmus via App lediglich als erstes Hilfsmittel zu verstehen. In jedem Fall ist bei Beschwerden der Gang zum Hausarzt oder zum Kardiologen alternativlos.