Lähmung, Sprachverlust oder Tod – die Folgen eines Schlaganfalls können das Leben Betroffener auf dramatische Weise ändern oder beenden. Der amerikanische Neurologe und Schlaganfallforscher John D. Marler nennt den Schlaganfall vereinfacht „das zerstörerische Ergebnis, wenn die Blutzufuhr zum Gehirn durch einen Gefäßverschluss oder durch eine Blutung plötzlich unterbrochen wird“. Prof. Dr. Thomas Haarmeier, seit 2014 Chefarzt der Neurologie am Helios Klinikum Krefeld, beschreibt den Schlaganfall so: „Das Gehirn hat einen extrem hohen Energie- und Sauerstoffbedarf. Wenn kein Blut mehr fließen kann, ist das, als ob Sie bei einem technischen Gerät den Stecker ziehen. Die Funktion fällt im selben Moment aus. Die Reserven halten nur kurz, dann geht auch die Struktur zugrunde.“
In Deutschland ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für schwere Behinderungen mit permanenter Pflegebedürftigkeit. Seit Jahrzehnten arbeiten Mediziner daran, die Prävention und Therapie des Schlaganfalls voranzutreiben. Die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe haben seit Mitte der 1990er Jahre flächendeckend den Aufbau von „Stroke Units“ (englisch für „Schlag-Einheiten“) angestoßen, von denen es mittlerweile über 300 in Deutschland gibt. In diesen zertifizierten Einrichtungen werden Schlaganfall-Patienten nach verbindlichen Qualitätsstandards versorgt. In besonderen, sogenannten überregionalen Stroke Units können auch schwerste Schlaganfälle nach modernsten interdisziplinären Verfahren adäquat behandelt werden. Die Stroke Unit des Helios Klinikums Krefeld ist ein solches überregionales Zentrum, in dem jährlich etwa 1.000 bis 1.200 Menschen behandelt werden. „Jeder einzelne unserer Schlaganfallpatienten ist ein Notfall“, betont Prof. Haarmeier. Bei den ischämischen Gehirninfarkten, die durch Gerinnsel entstehen und rund 80 Prozent der Schlaganfälle ausmachen, haben sich die Behandlungsmöglichkeiten deutlich verbessert. Neben der Gabe von gerinnungslösenden Medikamenten, der Thrombolyse, wenden die Spezialisten in der Stroke Unit im Klinikum Krefeld bei größeren Gerinnseln auch die mechanische Thrombektomie an. Dabei schieben erfahrene Neuroradiologen von der Leiste aus einen Katheter bis an die Stelle des Gehirns, wo das Blutgerinnsel eine Arterie verschlossen hat. Mit dem Katheter wird ein entfaltbarer Stent in das Gerinnsel eingeführt, der sich darin verhakt. Durch den Rückzug des Katheters aus dem Gefäß wird das Blutgerinnsel geborgen. „Als die Thrombektomie mit den neuen Stentkathetern ab etwa 2009 durchgeführt wurde, erschien sie uns wie eine Art Wunderheilung“, berichtet Prof. Haarmeier und ergänzt: „Mit ihrer Hilfe können auch die schlimmsten Schlaganfälle, die durch Verschlüsse der größten Gefäße drohen, behandelt werden. Die Therapie gehört aber auch Jahre nach ihrer Einführung allein in die Hand eines hoch spezialisierten, interdisziplinären Teams und muss rund um die Uhr verfügbar sein.“ Seit Kurzem ist erwiesen, dass die Thrombektomie einen weiteren Vorteil mit sich bringt – für Patienten mit einem Schlaganfall im Schlaf (Wake-up Stroke). Während eine Thrombolyse nur bis maximal sechs Stunden nach dem Auftritt der Symptome möglich ist und deshalb für einen Schlaganfall im Schlaf selten in Frage kommt, profitieren einige Patienten auch noch bis zu zwölf Stunden nach dem Ereignis von der Katheterbehandlung. „Dadurch verbessern sich die Überlebens- und Heilungschancen auch für Patienten mit einem ‚Wake-up Stroke‘“, erklärt Prof. Haarmeier. Auch die gefäßchirurgische Abteilung im Helios Klinikum Krefeld trägt mit innovativen Methoden zu den Behandlungserfolgen bei. Dr. Gabor Gäbel, seit Ende 2017 der neue Chefarzt der Gefäßchirurgie in Krefeld, operiert schlaganfallgefährdete Menschen an der Halsschlagader, um sie vor den fatalen Folgen eines Gehirnschlages zu bewahren. „Gerade heute Morgen habe ich bei einem 65-jährigen Patienten einen Kalkpfropfen geborgen, der war so groß wie ein Gummibärchen. Der Mann selbst hat davon nichts gespürt. Sein Hausarzt hat die Verengung beim Ultraschall gesehen und ihn zu uns geschickt“, erzählt Dr. Gäbel. „Eingriffe an der Halsschlagader führen wir primär in Regionalanästhesie durch. Dabei bleibt der Patient wach. Bei einer offenen Operation an der Halsschlagader besteht ein Restrisiko für einen Schlaganfall. Verlöre der Patient wegen einer Minderdurchblutung bestimmte Fähigkeiten, würden wir das erkennen und könnten sofort handeln. Während der OP überprüfen wir immer wieder Sprache, Verständnis und Motorik. In Vollnarkose ist das nicht möglich.“ Den Patienten vom Vormittag hat Dr. Gäbel mit der Entfernung der Arterienverengung wahrscheinlich vor einem Schlaganfall bewahrt. Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Kalkpfropfen das vorbeifließende Blut zum Verklumpen gebracht hätte. Bei erhöhtem Schlaganfallrisiko oder einem akuten Schlaganfall heißt es generell, schnell und richtig zu handeln, denn: „Time is brain“!
Helios Klinikum Krefeld, Klinik für Neurologie mit zertifizierter überregionaler Stroke Unit, Lutherplatz 40, 47805 Krefeld Tel. 02151/322831; Fax 02151/322015; www.helios-kliniken.de/klinik/krefeld.de