Noch ist die Wasseroberfläche ganz glatt und lädt geradezu ein, hineinzuspringen und abzutauchen. Was für viele Menschen das Normalste der Welt ist, ist für Menschen mit Behinderung oftmals mit einer großen Hürde verbunden. Hier möchte der SV Bayer 08 Abhilfe schaffen und bietet deshalb vier verschiedene Reha-Schwimmkurse für Menschen mit Behinderungen an.

Bastian Kurys hat einen langen Tag hinter sich. Manchmal muss er sich auch aufraffen, mittwochs zum Schwimmkurs zu kommen, denn auch der 25-Jährige kämpft ab und an mit dem inneren Schweinehund. Doch dann kommt der Moment, wenn der Krefelder ins Wasser eintaucht. „In dem Moment komme ich vom Alltag herunter, und meine Muskeln entspannen sich“, erklärt Bastian. Für den 25-Jährigen, der körperlich behindert ist, ist die Bewegung im Wasser eine echte Wohltat. „Meine Schmerzen sind zwar nicht ganz weg, aber so viel besser“, berichtet der Uerdinger, der gleich darauf wieder ins Wasser springt und eine Runde schwimmt. Das, was Bastian berichtet, ergeht vielen so, die an den Reha-Schwimmkursen vom SV Bayer 08 teilnehmen: „Oftmals suchen die Eltern sehr lange nach einem geeigneten Kurs und nehmen dafür auch lange Anfahrtswege in Kauf“, weiß Christel Szabo, Kursleiterin der vier Reha-Schwimmkurse. Szabo ist Sportlehrerin und ausgebildete Motopädin. Gemeinsam mit Nicole Hoppe, ebenfalls Sportlehrerin und ausgebildete Heilpädagogin, Studentin Katharina Schöttler und Schülerin Melina Eckart leitet sie das Angebot. Als sie 2002 angesprochen wurde, ob sie die Kurse übernehmen wolle, zögerte sie nicht lange. „Ich habe schon immer mit Menschen mit Behinderung gearbeitet und bin dem Bereich auch immer treu geblieben“, so Szabo. Wenn die Kursleiterin mit den Jugendlichen spricht, wird spürbar, wie viel Wärme und Nähe sie ausstrahlt. 

Berührungsängste sind absolut nicht vorhanden: „Jeder der Jugendlichen muss da abgeholt werden, wo er steht“, erklärt Szabo. Bei den Kleineren geht sie dann auch mit ins Wasser. „Bei einem sechsjährigen Kind mit Down-Syndrom kann ich nicht nur am Rand stehen und Anweisungen geben. Da muss ich dann mit ins Wasser und auch Hand anlegen, um ihnen Sicherheit zu geben“, so die routinierte Kursleiterin. Außerdem passiere es gerade bei den Kleineren oftmals, dass sie untertauchen und die Orientierung verlieren würden. In solchen Situationen müsse immer jemand mit im Wasser sein. Genau diese routinierte und zugleich herzliche Art ist es, die ihren Schülern Sicherheit gibt, wie auch Katja Spielmann bestätigt: „Man spürt bei Christel einfach, dass sie mit ganzem Herzblut bei der Sache ist.“

Vor Kurzem hat der Verein ein Schnupperschwimmen für Kinder und Jugendliche mit Handicap angeboten. Ein Angebot, das sehr gut angenommen wurde. Trotzdem arbeiten Katja Spielmann, zuständig für die Pressearbeit des Vereins und Referentin Schwimmausbildung, und Mirja Cremers, zuständig für das Stellen von Förderanträgen und Referentin für Projektarbeit, weiter daran, dass das Angebot noch viel mehr Menschen erreicht. „Wir wollen noch viel mehr Angebote schaffen – insbesondere auch für Jüngere“, so Spielmann. Die Teilnehmer der Schwimmkurse können, wie in der Hai-School, verschiedene Schwimmklassen durchlaufen.

„Bei vielen passiert eine richtige Entwicklung, und es ist toll, das zu verfolgen“, erklärt Szabo. Manchmal gehen auch welche aus den Handicap-Gruppen heraus und wechseln in die Hai-School. Das ist die Variante, die allen dreien am besten gefällt: „Unser Ziel ist es, die Kinder und Jugendlichen in die Regelgruppen zu bringen“, so Szabo. Freilich klappt das nicht immer. Manchmal muss ein Kind auch wieder zurück in die Handicap-Gruppe, wenn es in der normalen Gruppe überfordert ist: „Hier können wir natürlich viel individueller auf die Kinder eingehen“, erläutert die Kursleiterin. In der Regel kommen 12 Kursteilnehmer auf vier Betreuer. Eine gute Ausgangslage, wie auch die Trainerinnen wissen. Trotzdem ist es der geheime Wunsch von allen dreien, dass in Zukunft noch mehr der Kinder mit Behinderung in die Regelgruppen kommen. „Wir wollen die Inklusion in den Gruppen allgemein stärken“, so Cremers.

Damit die Ausgangsvoraussetzungen dafür stimmen, setzt sich Cremers dafür ein, dass Fördermittel angeschafft werden. „Vor Kurzem erst haben wir eine Einstiegstreppe angeschafft“, berichtet Cremers. 6.500 Euro hat diese Treppe gekostet. Cremers hat sich um die Förderung gekümmert und die Möglichkeit gefunden, die Kosten von der Aktion Mensch erstatten zu lassen. Über diesen Erwerb ist die Referentin für Projekte stolz, aber das ist für sie trotzdem noch lange kein Grund, sich auszuruhen. „Wir bräuchten auch eine große Dusche“, so Cremers, der das Thema sehr am Herzen liegt. Alles noch Anschaffungen, die auf ihrer Liste stehen. Der Verein sei bei diesem Thema eine unglaublich große Stütze erklärt Cremers. 

Kurz darauf kommt Bastian aus dem Wasser. Gemeinsam mit den anderen Kursteilnehmern stellt er sich an den Startblock, um Sprünge zu üben. Es wird gelacht, gescherzt, und auch der eine oder andere Bauchplatscher ist dabei. „Es ist eine richtige Gemeinschaft entstanden“, erklärt Szabo. Eine Gemeinschaft, die füreinander da ist, wie Bastian zum Abschluss bestätigt: „Die Trainer sind zwar immer hier, aber wir passen auch aufeinander auf.“

SV Bayer Uerdingen 08 e.V., Am Waldsee 25, 47829 Krefeld, Telefon 02151-46 055, www.svbayer08.de 

Info: Der Tag am See startet am Samstag, 7. Juli, um 12 Uhr am Waldsee und ist sowohl für Mitglieder als auch Nicht-Mitglieder gedacht. Am Abend findet ab 20 Uhr eine Beachparty statt.