Als Sebastian Scheppler mir an einem recht hektischen Donnerstagmorgen die Türe öffnet, zieht er mich mit seiner guten Laune und positiven Ausstrahlung direkt in seinen Bann. Der 27-Jährige scheint vor Vitalität nur so zu strotzen und es ist kaum vorstellbar, dass das nicht immer so war. Das dem aber so ist, erzählt der Krefelder mir in einem Gespräch, das noch lange in mir nachhallt.
Recht ländlich ist es hier an der Grenze zu Krefeld. Ruhig gelegen und fernab der Geräuschkulisse der Stadt. Sebastian suchte nicht immer diese Ruhe und doch scheint es, als sei es genau diese ruhige Umgebung, die ihm an einem Wendepunkt in seinem Leben, zum Nachdenken anregte. Sebastian war einer von den Jugendlichen, die ihre Zeit gern mit Computer spielen verbrachte: „Von daher war für mich klar, dass ich mir einen Beruf in der IT-Branche suche“ , berichtet der Elektrotechniker rückblickend. Ein junger Mann, der zwar Träume und Ambitionen hat, sich aber auch in den elterlichen Vorstellungen wiederfindet: „Meine Eltern sind sehr bodenständig, deswegen habe ich auch direkt den Techniker nach der Ausbildung hinterhergeschoben.“ Der 27-Jährige ist gewissenhaft. Was er anfängt, beendet er auch. Neben der Arbeit machte er seinen Techniker und gewöhnte sich schnell an die Doppelbelastung. Zum Ausgleich machte er Sport: „Angefangen hat meine sportliche Begeisterung im heimischen Keller. Dort habe ich mit 14 an Papas Gewichten trainiert“ , erinnert sich Sebastian lachend. Schon früh war der Duisburger, der auch in einem Kanuverein war, von der Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers fasziniert: „Es ist Wahnsinn, wozu der Körper im Stande ist.“ Sebastian investierte alle Zeit, die ihm neben der Fortbildung und der täglichen Arbeit blieb, in den Sport. So lernte er auch einen anderen Sportler kennen, der professionell Fotos von sich machte. Für den 27Jährigen war die Modelbranche bis dahin ein unbeschriebenes Blatt. Mit seinem gut durchtrainierten Körper und einer Größe von 1,90 Meter brachte er aber alle Voraussetzungen mit, die es in der Fitnessbranche als Männermodel benötigte. So kam es auch, dass der Duisburger sich in einem Modelforum anmeldete. Anfangs einfach mal so, zum Spaß, wie Sebastian nachdenklich sagt. Für viel mehr hatte der Elektrotechniker auch keine Zeit, denn die Arbeit und Fortbildung gepaart mit dem Sport, stellten einen großen Verzicht im sozialen Bereich dar: „Ich hatte kaum noch Kontakt zu meinen Freunden“, gesteht er heute.
Nachdem der Hobby-Sportler mit seiner Fortbildung fertig war, hatte er auf einmal sehr viel Zeit: „Ich war es ja gewöhnt, immer etwas zu tun zu haben, also trainierte ich noch mehr und fing an, Modeljobs wahrzunehmen.“ Für den Duisburger lief es gut. Neben einer großen Kampagne für McFIT, wurde auch Abercrombie & Fitch auf das Naturtalent aufmerksam: „Von da an war ich eigentlich nur noch unterwegs“ , berichtet Sebastian, während er versonnen in die Ferne schaut und an die alten Zeiten zu denken scheint. Berlin, Irland, New York, Sebastians Welt drehte sich immer schneller und rückblickend gesteht er, „wenn man von einer Limousine mit Chauffeur abgeholt wird, ist es schon nicht einfach, nicht abzuheben.“ Dass ihm das nicht passiert ist, liegt mit Sicherheit neben der soliden Erziehung, die er genossen hat, in seiner Arbeit. Denn neben den Modeljobs ging der Duisburger trotzdem noch seiner normalen Arbeit als Elektrotechniker nach. Ein Spagat zwischen zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und trotzdem, für ihn lief es gut. Zwischen all den Anforderungen, die die verschiedenen Tätigkeiten an ihn stellten, absolvierte er noch seinen Sport. Immer auf der Überholspur. Immer voll dabei.
Selbst als er bei einem Job in Shanghai merkte, dass sein Körper Ruhe forderte, gab Sebastian noch alles: „Ich arbeitete und legte mich einfach danach hin. Ich wollte den Kunden nicht enttäuschen.“ Sein Pflichtbewusstsein forderte seinen Körper Höchstleistungen ab. Kaum zurück in Deutschland ging es für das Fitness-Model jedoch zum Arzt: „Meine Nieren- und Leberwerte waren katastrophal, aber niemand konnte mir genau sagen, was mir fehlte“ , erzählt Scheppler resigniert. Diese Zeit wurde für den Tausendsassa, der stets auf der Überholspur unterwegs war, zur Zerreißprobe: „Ich konnte nichts machen. Ich lag nur noch hier auf der Couch, hatte kaum mehr Energie und wusste, ich muss erst mal wieder gesund werden.“ In dieser Zeit merkte der Elektrotechniker, dass bei all seinen Tätigkeiten vor allem eines zu kurz geraten war: seine Freundschaften und sozialen Kontakte: „Es war niemand mehr da. Das war echt ein scheiß Gefühl“ , gesteht der Mann, der sonst ständig lacht, mit einem Kloß im Hals. „Ich war die letzten fünf Jahre immer auf 200 Prozent, jetzt bekam ich die Rechnung.“ Der Duisburger löschte all seine Modelprofile. Er hinterfragte seine Lebensführung und sucht nach der Aufgabe, die ihn wirklich erfüllt. Langsam begann er wieder zu arbeiten, sein Leben wieder aufzubauen. Der Sport half ihm dabei. Er begann wieder zu trainieren und entdeckte darin seine wahre Berufung: „Seitdem habe ich zahlreiche Fortbildungen und Lehrgänge absolviert“ , erklärt Sebastian. Ein Jahr nach seiner plötzlichen Erkrankung kam dann auch endlich die Diagnose: Leptospirose, eine Infektionskrankheit, die durch verunreinigtes Wasser ausgelöst werden kann. Für Sebastian war diese Diagnose wichtig, um mit diesem Kapitel abzuschließen. Er wollte wissen, was seinen Körper damals in die Knie zwang. Die Zeit war nicht einfach für ihn, aber rückblickend kann der Elektrotechniker ihr sogar einiges abgewinnen: „Ich habe mich mit mir und meinen Wünschen und Träumen auseinandergesetzt“, erzählt Sebastian und fügt hinzu: „Vom Herzen her hat es mich immer schon woanders hingezogen. Viele verbuddeln ihre Träume unter dem Kopfkissen, ich wollte meine jetzt Leben.“ Das macht der 27-Jährige seitdem auch. Er arbeitet zwar zurzeit noch als Elektrotechniker , möchte sich aber in Zukunft immer mehr dem Sport widmen: „Man strahlt es aus, wenn man sich wohlfühlt und dann ist es auch egal, ob es fünf Kilogramm mehr oder weniger sind“, so der Personal Coach, der andere mit seiner Energie anstecken möchte. Letzten Endes hat ihm die Ruhe, der er zwangsweise ausgesetzt war, zu seinen wahren Wünschen geführt. Während der Fitnesscoach mich zur Tür bringt, lächelt er und schaut mich mit seinen klaren, blauen Augen an: „Ich höre jetzt lieber nur noch hierdrauf“ , sagt er und legt seine Hand aufs Herz.
Anmerkung: Sebastian Scheppler bietet jeden Samstag von 17 bis 18 Uhr ein Ganzkörperworkout im iFunc, Bischofstraße 84a, an.