Julian bricht die Herzen. Reihenweise. Zack! Zack! Zack! Eines nach dem anderen zerspringt in zwei Hälften, 17 von 25 roten Herzen hat der Zwölfjährige gleich gebrochen. Seinen Charme hat der junge Schüler dafür nicht spielen lassen müssen, er benötigte etwas anderes: einen langen Atem.
Der zwölfjährige Julian Gollasch aus Krefeld macht gerade einen Lungenfunktionstest in der Kinder- und Jugendarztpraxis Leyental. Er atmet dazu in das Mundstück eines speziellen Geräts, das den langen Namen „Ganzkörperbodyplethymograph“ trägt und mit dem man testen kann, wie gut die Lunge arbeitet: Jeder Atemzug von Julian wird auf einem angeschlossenen Computerbildschirm sichtbar. In einer animierten Grafik aus insgesamt 25 roten schwebenden Herzen, die vor einem blauen Himmel zu sehen sind. Mit jedem Atemstoß Julians fliegen kleine Pfeile von unten nach oben in die schwebenden Herzen und brechen sie entzwei – und je mehr Herzen der Junge schafft, desto besser ist die Leistung seiner Lunge. Die Praxis Leyental ist einzigartig in Krefeld-City: Im Zentrum der Seidenstadt gibt es sonst keine Ärzte, die sich auf Atemwegserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre spezialisiert haben. „Bei so jungen Menschen sind die Atemwege noch in der Entwicklung, deshalb benötigen sie ganz andere Behandlungen und Therapien als Erwachsene“ , erklärt Kinderlungenfacharzt Dr. Sebastian Wirth, 41, der sich gemeinsam mit seinem ein Jahr jüngeren Kollegen Dr. Robert Primke an der Leyentalstraße niedergelassen hat. Asthma bronchiale zählt zu den am häuftigsten behandelten Krankheiten in der Praxis, circa die Hälfte der jungen Patienten kommen deswegen hierher . Darunter auch Julian Gollasch, der schon seit frühester Kindheit unter Asthma bronchiale leidet, bedingt durch eine Allergie gegen Hausstaubmilben.
Vor vier Jahren ist der junge Düsseldorfer nach Krefeld gezogen, seitdem kommt er mindestens zweimal im Jahr zur „Lungensprechstunde“. Dieses zentrale Angebot im Behandlungsspektrum der Praxis beginnt mit einem ausführlichen Gespräch, in dem die Ärzte herausfinden, was dem kleinen Patienten fehlt und wie er behandelt werden muss. „In dem Gespräch achten wir darauf, eine ruhige Atmosphäre aufzubauen, um das Vertrauen der Kinder zu gewinnen und ihnen die Angst vor dem Arzt zu nehmen“, so Dr. Primke. Insbesondere bei Kindern sei es wichtig, eine Lungenerkrankung früh zu diagnostizieren und zu behandeln, damit es nicht zu Langzeitschäden kommt, die die gesamte Entwicklung des Kindes beeinträchtigen könnten.
In welchem Stadium sich die Atemwegserkrankung befindet, können die Ärzte mit dem speziellen Gerät zur „Ganzkörper-Plethysmographie“ ermitteln, also zur Überprüfung der großen detaillierten Lungenfunktion. Mit diesem arbeitet auch gerade Patient Julian: Der Junge hat dazu Platz genommen in einem mannshohen Glaskasten, der sich mittels einer Tür hermetisch verriegeln lässt. „Wir sagen dazu meist Telefonzelle, die gibt es zwar heutzutage kaum noch, die Kinder wissen aber trotzdem immer, was gemeint ist“, sagt Dr. Wirth lächelnd. In dem Glaskasten befindet sich die bereits erwähnte Apparatur, mit der die Lungenfunktion gemessen wird und an der sich ein Mundstück befindet. In dieses Mundstück pusten die Kinder zunächst bei geöffneter, später bei geschlossener Tür mal schnell und kräftig, mal atmen sie langsam tief ein und wieder aus, soviel und so gut sie nur können. Die Ergebnisse ihrer Atemleistung werden auf dem Bildschirm des Computers angezeigt, mit dem die Apparatur verbunden ist. Zum Lungentest gehört außerdem die Überprüfung der körperlichen Belastbarkeit der Lunge, wozu die Ärzte die Kinder auf ein Laufband schicken, das auch im Raum steht. „Da sollen uns die Kinder dann mal so richtig zeigen, wie schnell sie laufen können“, lächelt Dr. Primke.
Das lässt sich Julian heute nicht zweimal sagen. Mit Feuereifer springt der Zwölfjährige auf das Laufband, acht bis zehn Minuten trabt er mit roten Wangen eifrig auf der Stelle, bevor er wieder zurück in den Glaskasten spurtet, um alle Atemübungen von vorhin zu wiederholen: um zu zeigen, wozu seine Lunge nach der körperlichen Belastung imstande ist. „Welche Grafik sollen wir jetzt nehmen, um deine Atemstöße auf dem Bildschirm sichtbar zu machen?“, Arzthelferin Christine Hoffmann sieht Julian fragend an. Der schwankt zwischen animierten Pac-Mans und Super-Marios: Die ersteren berühmten gelben gefräßigen Kekse mampfen bei jedem Atemstoß eine
Grafik mit 25 Pflanzen auf und die Super-Marios schießen bei jedem Atemstoß auf ein Schaubild mit 25 ihrer leidigen Widersacher, die frechen „Donkey Kong“-Äffchen. „Pac-Mans und Super-Marios sind spannender als Herzen“ , befindet jetzt Julian mit entschlossenem Nicken. Und dann holt er wieder Luft, angefeuert von Arzthelferin Hoffmann, „tiiief einatmen. Und ausatmen – feste!“, skandiert die 24-Jährige.
Sandra Gollasch, Julians Mutter, die ihren Sohn heute in die Praxis begleitet hat, schaut lächelnd zu. 60 Minuten dauert die „Lungensprechstunde“, die noch weitere Tests umfasst wie etwa das Einatmen eines bronchienerweitertenden Medikaments durch einen mobilen Inhalator oder sechssekündiges Ausatmen in ein kleines weißes Gerät mit einem Mundstück zur NO (Stickstoff)-Messung, das mögliche Entzündungswerte in der Lunge ausweist. Gollasch macht sich gleichwohl keine Sorgen. „Die Ärzte hier haben einen super Zugang zu den Kindern, und Julians Befinden verbessert sich eigentlich ständig, seit er hier ist.“ Das findet auch Dr. Wirth, nachdem er einen Blick auf Julians Werte geworfen hat. Alles ist in grünem Bereich - so grün, dass der Arzt das Dauermedikament seines kleinen Patienten herunterdosiert, „wir probieren das mal und schauen, was der weitere Verlauf zeigt“ . Im Idealfall glauben alle 25 „Donkey Kongs“ auf einmal dran.
Praxis Leyental, Dr. Sebastian Wirth & Dr. Robert Primke Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderlungenheilkunde Leyentalstr. 78B, 47799 Krefeld, Tel.: 02151 - 80 10 20 od. 01251 - 80 08 20 mo.-fr. 8.30-12 Uhr, mo., di., do. 15-17 Uhr, www.kinderarzt-krefeld.de