Wenn man an Grönland denkt, schießen einem sofort Bilder von Eis und Schnee in den Kopf. Unendliche Weiten, lange Gletscherzungen, unberührte Schneefelder, eisige Winde und nur wenige Menschen, die dort beheimatet sind und es bei den extremen Temperaturbedingungen aushalten. In Kangerlussuaq, einem Ort nördlich des Polarkreises im westlichen Teil des Landes, findet einmal jährlich ein Marathon mit rund 100 Läufern aus der ganzen Welt statt. Dieses Jahr im Oktober wird unser moveo-Kolumnist Sascha Weyermann unter ihnen sein. Wie er sich auf den kältesten Lauf durch die arktische Tundra vorbereitet und was er erwartet, erklärt er uns im Interview.
Sascha, wie kam es, dass du den Entschluss gefasst hast, an dem Grönlandmarathon teilzunehmen?
S.: Ich liebe das Laufen – aber ich werde dieses Jahr 47 Jahre alt. Nach zahlreichen Marathons und Halbmarathons möchte ich mich von den ganz langen Distanzen nun verabschieden, da meine Statur eher nicht der eines Langstreckenläufers entspricht. Ein Marathon ist für mich immer eine kleine orthopädische Sünde. Mein Gefühl sagt mir, ,mach Schluss damit, bleibe verletzungsfrei aber beende es mit etwas ganz Besonderem’ . Und das ewige Eis ist etwas ganz Besonderes.
Wie bereitest du dich auf den Marathon vor, bei dem ganz andere Bedingungen herrschen, als hier in unseren Breitengraden?
Interessante Frage. Die Bedingungen kann ich hier nicht nachstellen. Mir bleibt nur eine ganz normale Marathonvorbereitung. Ich weiß aber, dass es sehr kalt, windig und glatt wird und ich viele Höhenmeter überwinden muss. Also werde ich bei Wind und Wetter trainieren, mit Tuch vor dem Mund, auf unebenem Boden, und Bergläufe integrieren. Mit der Kälte muss ich einfach irgendwie klarkommen. No risk, no fun!
Welches spezielle Laufequipment hast du für das Training und den Lauf angeschafft?
Kopf: Ein Wärme-Kopfschutz der nur die Augen freilässt. Eine Skibrille schützt die Augen. Eine normale Laufbrille würde wegen des extremen Winds und der Kälte beschlagen. Beine & Oberkörper: Frei nach der Zwiebelmethode, sprich: ich muss mehrere Lagen tragen. An den Beinen werde ich mit zwei, am Oberkörper mit drei Schichten laufen. Füße: Gelaufen wird über Gletscher und durch Schnee. Laufsocken aus Merinowolle und quasi wasserdichte Traillaufschuhe mit Spikes sind hierdas Mittel der Wahl, da ich vermeiden muss, dass meine Füße nass werden. Das wäre das sofortige AUS bei der Kälte.
Was denkst du, wird eine besondere Herausforderung für dich und die anderen Läufer sein? Wie gehst du damit um?
Ohne Zweifel, es wird ein harter Kampf mit mir selbst, aber genau das reizt mich ja. Es gibt keinen, der mit einem läuft, keinerlei Zuschauer, die motivierend anfeuern, unvorhersehbare, extreme Bedingungen sowie teuflische Kilometer im Schnee und über Gletscher mit extrem starken und kalten Wind bei vielen Höhenmetern. Bei so vielen Unbekannten muss ich mental vorbereitet sein. Zweifel dürfen nicht aufkommen. Das wird die eigentliche Herausforderung für mich, mein Kopf muss bereit sein! Ich trainiere das, indem ich mir bei jedem Trainingslauf visualisiere, wie ich kämpfen werde und mit einem Lächeln ins Ziel laufe. Aufgeben ist keine Option, es ist mein letzter Marathon! Ich freue mich so sehr!
Vielen Dank für das Gespräch!