Nicht nur Seide, sondern Gold! Das wollen in diesem Jahr acht Athletinnen und Athleten aus Krefeld bei den Olympischen Sommerspielen nach Hause bringen. Ringerin Aline Focken und Ruderin Lisa Schmidla wissen schon länger, dass sie sich für Rio 2016 qualifizieren konnten. Auch für die aus Krefeld stammende Hockey-Spielerin Selin Oruz ist laut Hans-Werner Sartory, Koordinator der Initiative „Gold - made in Krefeld“ vom Stadtsportbund, klar, dass sie im August in Brasilien die Chance bekommt, um Metall zu kämpfen. Ihr Bruder Timor, ebenfalls Hockeyspieler, kann vielleicht mit nach Rio. Die Geschwister gehören allerdings nicht zu Sportvereinen der Seidenstadt. Anders der in Krefeld lebende Ire Ronan Gormley; er spielt beim Crefelder Tennis und Hockey Club (CHTC) und tritt in Rio nicht für Deutschland, aber für sein Heimatland Irland an. Und dann sind da noch die drei Hockey-Hoffnungen Linus Butt, Oskar Deecke und Niklas Wellen, alle drei ebenfalls vom CHTC. Zum Zeitpunkt unseres Treffens Ende Juni wissen sie noch nicht genau, ob sie im Olympia-Kader der Feldhockey Herren dabei sein werden. Es ist nicht leicht, Termine mit den drei Sportlern zu bekommen: Bei Oskar Deecke ist es so kurz vor den Olympischen Spielen und vor der Entscheidung, ob er mitkann oder nicht, gar nicht möglich; kaum von der Champions Trophy aus London zurück, ist der 30Jährige schon wieder auf dem Weg zum Sechs-Nationen-Turnier in Valencia. 

Viel Zeit verbringen auch Linus Butt und Niklas Wellen momentan nicht in Krefeld; doch wir konnten sie immerhin fragen, wie ihr Leben derzeit aussieht, so kurz vor der Entscheidung. 

Schlag, Schuss, Tor! Schlag, Schuss, Tor! Noch einmal, und noch einmal. 70 bis 100 Mal schießt Niklas Wellen den Ball mit seinem Hockeyschläger aus zwölf Metern Entfernung ins Tor – jeden Morgen und jeden Abend, Tag für Tag. Am Wochenende zeigt der Stürmer dann bei Hockeyspielen, was er kann; mindestens ein Spiel gibt es immer, oft auch zwei. Seit etwa drei Jahren trainiert Niklas Wellen so intensiv wie nie zuvor, um vom 5. bis zum 21. August in der deutschen Herren-Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können. „Es ist einfach das Größte für jeden Sportler, sich mit den Besten der Welt zu messen und möglichst zu gewinnen. Ich träume nicht nur davon, dabei zu sein, ich möchte auch unbedingt, dass wir eine Medaille holen“, beschreibt der 21-Jährige seine Motivation. Er spielt Feldhockey seit seinem vierten Lebensjahr. Kaum verwunderlich, stammt er doch aus der Hockey-begeisterten Krefelder Unternehmerfamilie Wellen. „Man kann sagen, unsere Familie ist Hockey-verrückt“ , grinst der Olympiaanwärter. Schon sein Großvater Gerd Wellen hat gut gespielt und auch als Trainer dazu beigetragen, dass der CHTC einer der erfolgreichsten deutschen Hockeyclubs wurde. Niklas’ Vater Dirk Wellen war mit dem deutschen Juniorenteam 1981 in Barcelona Europameister und 1982 in Kuala Lumpur Weltmeister. Eine Miniaturausgabe des Europapokals aus Barcelona hat Dirk Wellen später seinem Sohn geschenkt, und der erzählt: „Das ist mein Glücksbringer. Den nehme ich überall mit hin.“ Ob er wohl auch nach Rio kommt? Das entscheidet sich Anfang Juli. Bis dahin zittern auch die Krefelder Vereinskollegen Oskar Deecke und Linus Butt. Beide sind schon einmal für die deutsche Hockey-Nationalmannschaft angetreten, 2012 in London. Linus Butt allerdings nur als Ersatzspieler. Dennoch schwärmt der 29-Jährige: „Auch wenn ich gar nicht zum Einsatz gekommen bin: Wir haben Gold gewonnen, das war ein tolles Erlebnis!“ Nun träumt Linus Butt natürlich davon, diesmal mitspielen zu können. Obwohl beruflich stark gefordert als angehender Facharzt für Nierenheilkunde, trainiert der Verteidiger mindestens drei Mal in der Woche in Köln zusammen mit Niklas Wellen, Oskar Deecke und den voraussichtlichen Nationalspielern für Rio aus Köln. „Morgens um halb acht, bevor ich ins Forschungslabor gehe, heißt es: Sprinten, schnelle Richtungswechsel, Beweglichkeit, Kraft und individuelle Ausdauer. Dazu kommt drei Mal in der Woche nach der Arbeit Hockeytraining in Krefeld, und ich jogge zwei bis drei Mal die Woche.“ Beinahe seine gesamte Freizeit opfert Linus Butt dem Hockeyspielen, genau wie Niklas Wellen, und beide tun es gerne. Linus Butt begründet: „Es ist super,in einer Mannschaft gemeinsam ein Ziel zu verfolgen. Wir kämpfen zusammen für den Erfolg, das verbindet unheimlich. Wir sind alle befreundet und verbringen gerne unsere Zeit miteinander. Das ist keine Schinderei, das macht einfach Spaß!“ Auch Niklas Wellen betont den Spaß, den er beim Feldhockey hat: „Da gibt man 70 Minuten Vollgas, das Spiel ist sehr schnell, die Koordination mit Schläger und Ball ist schwierig. Das ist sehr reizvoll!“ 

Mit ihrem Spaß am Sport haben es Niklas Wellen, Linus Butt und auch Oskar Deecke zu Weltklasse im Hockey gebracht. Sagt Hans-Werner Sartory vom Stadtsportbund Krefeld; er muss es wissen, mit seinen knapp vier Jahrzehnten Felderfahrung als Hockeyschiedsrichter. Und der 57-Jährige weiß auch, dass man jetzt, so kurz vor der Entscheidung für oder gegen die Olympiateilnahme, besser nicht danach fragt, was die Athleten denn machen werden, wenn ihr Traum von Rio nicht in Erfüllung geht.

Mit dem Projekt „Gold – made in Krefeld“ will der Stadtsportbund die Zusammenarbeit zwischen lokalem Spitzensport, Wirtschaft und Politik noch stärker fördern. Bei der Suche nach talentierten Nachwuchskräften könnten sich die Bereiche wunderbar ergänzen, so der Koordinator und Ansprechpartner des Projekts, Hans-Werner Sartory. Aktuell zu den Olympischen Spielen in Rio betont er die Bedeutung und den Imagezuwachs für die Seidenstadt, die ihr durch die voraussichtlich acht Olympiateilnehmer beschert würden. Im Gegenzug werde eine passende Unterstützung aus der gesamten Stadtgemeinschaft angestrebt. Interessierte Unternehmen und Sportler können sich gerne bei Hans-Werner Sartory melden (gold-made.in.krefeld@ssb-krefeld.de).