Es ist Viertel nach zehn am Vormittag, aber schon fast dreißig Grad heiß und sehr schwül. Für den Kreislauf ist dieses Waschküchenklima eine echte Herausforderung – aber Nicola, Doris und Elke haben sich trotzdem wie jeden Dienstagmorgen getroffen, um sich körperlich zu ertüchtigen – und zwar draußen. Nicola ist 51 Jahre alt, Doris 72 und Elke sogar schon 73. Die drei Damen aus Krefeld betreiben Qi Gong. Die Übungen aus dieser etwa 1.000 Jahre alten chinesischen Bewegungs-, Konzentrations- und Meditationslehre sind laut Qi Gong Lehrerin Renata Balciunaite „für Menschen jeden Alters und jeder Kondition geeignet.“ Qi Gong ist in der chinesischen Medizin neben Akupunktur und Kräuterkunde die dritte Säule der Heilkunst. Das Lehrsystem, das Renata Balciunaite seit drei Jahren in Krefeld anbietet, heißt Qigong Yangsheng und legt den Schwerpunkt auf den achtsamen Umgang des Übenden mit sich selbst. Begründet wurde es von dem chinesischen Arzt Prof. Jiao Guorui, der es als einen „Dialog mit der Lebenskraft“ bezeichnete. Renata Balciunaite erläutert: „`Qi´ kann mit Lebenskraft oder Energie übersetzt werden, `Gong´ als Beschäftigung, Arbeit oder Auseinandersetzung. Wörtlich genommen, würde man unter Qi Gong die Arbeit mit der eigenen Lebenskraft verstehen. Und `Yangsheng´ bedeutet Kultivierung des Lebens“ . Bevor Nicola, Elke und Doris heute in den zum Seminarhaus gehörenden idyllischen Garten gegangen sind, haben sie drinnen zum Lockermachen und vor allem zur Stabilisierung des Kreislaufs eine zehnminütige Selbstmassage durchgeführt. Mit ruhiger Stimme hat Renata Balciunaite sie angeleitet und auch selbst alle Übungen vorgemacht. Von den Ohrläppchen angefangen bis zu den oberen Ohrrändern kneift sie mit ihren Fingern sanft mehrfach rauf und runter. Dann streift sie mit beiden Händen kräftig über den hintern Schädelansatz im Nacken und streicht dabei den sogennanten „Punkt der 100 Strapazen“ . Danach klopft sie bei den Nieren anfangend über den gesamten Körper den „Verlauf der Meridiane“ ab. Nach diesen Übungen fühlten sich alle drei Frauen „gestärkt“ und „erfrischt“ genug, um draußen in der schwülen Hitze weiterzumachen. Dafür hat Renata Balciunaite heute die „15 Ausdrucksformen“ ausgesucht. Das sind sehr langsame, harmonisch aussehende Bewegungen, die die drei Damen zwar mit zunächst hochkonzentriertem Gesichtsausdruck, aber zunehmend leichter und beschwingter ausführen. Und das, obwohl die Übungen immer dynamischer werden – und die Temperatur immer drückender. Vielleicht liegt es an der ansprechenden Bildhaftigkeit der Übungen, zum Beispiel „den Mond absenken“ , „den Berg schieben“ oder „der Kranich breitet seine Flügel aus“; vielleicht an den positiven Kommentaren der Kursleiterin Renata Balciunaite: „Wir sind schön gelockert und durchlässig“ , „wir spüren ein inneres Lächeln“ , „wir fahren die Ernte ein“ oder „wir verteilen das Gute“ . Jedenfalls sind die drei Qi Gong-Übenden Nicola, Doris und Elke nach der Stunde alle drei gelöst, lachen und antworten auf die Frage, wie sie sich nun fühlen, wie mit einer Stimme: „Entspannt und ausgeglichen!“ Und das bei der schwülen Hitze.

Qigong Yangsheng, Seminarraum Weyerhofstr. 33, 47803 Krefeld, Anmeldung bei Renata Balciunaite unter Tel. 02151-875823 oder renatabalte@arcor.de