Justus nimmt Michelle seitlich in den Schwitzkasten, mit ihrer linken Hand schnellt Michelle hinten rum und greift nach Justus Kopf. Justus kann nicht weiterkämpfen, Michelle nutzt seine Schwäche und zwingt ihn zu Boden. Die 15-Jährige ist kleiner und schlanker als ihr Altersgenosse – aber sie hat ihn besiegt. Triumphierend erklärt sie: „Mit der Reaktion von hinten rechnen die wenigsten. Und die Nase und die Augen sind bei jedem sehr empfindlich.“

Was aussieht wie eine ernste Prügelei oder ein Filmstunt, ist tatsächlich ein simulierter Nahkampf. Die Teenager trainieren „Krav Maga“, wie jeden Dienstagnachmittag, bei ihrem „Instructor“ Christoph Strommenger in dessen Trainingszentrum für Selbstverteidigung in Meerbusch. Michelle und Justus, die sich gerade noch wie erbitterte Gegner mehrfach gegenseitig zu Boden gerungen und dort auch mit allen Tricks weiter gekämpft haben, lächeln beide spontan bei der Frage, warum sie das machen: „Das macht Spaß! Klar kriegt man mal einen blauen Fleck, aber wir tun uns nicht richtig weh.“

„Szenario“ nennt Christoph Strommenger diese Phase des Trainings, wenn er seine Schülerinnen und Schüler nach intensivem Aufwärmen und dem „Trockentraining“ verschiedenster Griffe und Kniffe „richtig“ kämpfen lässt, mit voller Kraft. Der 30-Jährige begründet: „Es geht um kompromisslose Selbstverteidigung. Da muss auch der ‚Ernstfall‘ geprobt werden, nur dann kann man üben und spüren, wie anstrengend es tatsächlich ist, aus brenzligen Situationen schnell rauszukommen, sich zu behaupten und sich im schlimmsten Fall eben auch kämpfend zu verteidigen.“ Das Selbstverteidigungssystem Krav Maga stammt aus Israel und ist dort die offizielle Nahkampftechnik der Armee. Sie gilt als leicht erlernbar, da bewusst wenige, einfache Techniken angewendet werden. Christoph Strommenger, der selbst seit seinem fünften Lebensjahr Kampfsport betreibt, sieht im Krav Maga folgende Vorteile: „Es ist sehr effektiv und besonders gut für Frauen, Kinder und Jugendliche geeignet: Sie werden nicht mehr so leicht zu Opfern, weil sie selbstbewusster werden und sich trauen, sich gegen Angreifer zu wehren“.

Dementsprechend bietet Christoph Strommenger Kurse speziell für Frauen, für Kinder ab fünf Jahren und für Jugendliche ab 12 Jahren wie Michelle und Justus an. Ihnen allen bringt der 30-Jährige bei, wie sie gefährlichen Situationen aus dem Weg gehen. „Manchmal ist das aber nicht mehr möglich, dann hilft es sehr, wenn man die ,timeline‘ der Bedrohung kennt. Also die Situation richtig einschätzt und sofort handelt. Ohne zu zögern, nicht erst wartet, bis der andere zuschlägt. Wenn das doch passiert: Das Wichtigste ist, den Kopf zu schützen. Also immer die Arme vors Gesicht oder den Kopf. Ohne Kopf kann man nichts mehr.“ Immer und immer wieder lässt Christoph Strommenger seine Krav Maga-Schüler das Hochnehmen der Arme auch in der Bewegung und sogar beim Treten und Schlagen üben. Wie überhaupt das Training extrem anspruchsvoll wirkt. Michelle bestätigt: „Das ist echt anstrengend, 1,5 Stunden Training, da ist man fertig.“ Aber auch topfit, ausdauernd und, wie sie sagt, „sehr stark“. 

Balance Trainingszentrum für Selbstverteidigung, Ingerweg 1, 40670 Meerbusch, Tel. 02159-9297815; www.balance-meerbusch.de